Demographie und Philosophie

‚Das Sein bestimmt das Bewusstsein‘ wird im Allgemeinen Karl Marx und dem Historischen Materialismus zugeschrieben, auch wenn dies in dieser Diktion nicht belegt ist. Wenn man dieser These kritisch gegenüber steht und die Philosophie nicht nur als Überbau der materiellen Verhältnisse ansieht, so bleibt doch die Erkenntnis, dass wechselseitige Einflüsse der materiellen Verhältnisse und der geistesgeschichtlichen Entwicklung kaum zu bestreiten sind. Eine völlige Unabhängigkeit im Sinne des Idealismus erscheint hier naiv.

Die biologischen und soziologischen Triebkräfte des Selbsterhalts und Wachstums manifestieren sich mehr oder minder in den gesellschaftlichen Werten und Ideen. Kinder galten von Alters her als ein Segen. ‚Seid fruchtbar und mehret Euch‘ war das jüdisch-christliche Imperativ, dass sich in ähnlicher Weise auch in anderen Religionen findet. Doch diese Regel scheint in modernen Industriegesellschaften nicht mehr zu bestehen, denn die Reproduktionsrate bleibt nahezu überall hinter dem notwendigen Selbsterhalt zurück. Was bedeutet es für das Denken, die gesellschaftlichen Werte und aufkommende Problemlagen … und was wären geeignete Maßnahmen, darauf zu reagieren?

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Krieg und Frieden

Aktualisierung am 3.1.2024

Aus aktuellem Anlass muss man darüber nachdenken, ob und wie lange ein Krieg geführt werden muss und wie ein Friede erreicht werden kann. Grundsätzliche Analysen helfen, um sich nicht im aktuellen Getümmel zu verlieren. Die Frage der Moral und des Rechts wird dann selbst fragwürdig, wenn diese über das Wohl der Menschen gestellt wird, die in großer Zahl dahin geschlachtet werden.

Das Entstehen eines Krieges ist meist ein komplexer Prozess. Dennoch kann man oft einen Aggressor ausmachen, der ein Ziel zu Lasten des Gegners erreichen will. Der Angegriffene hat das Recht zur Verteidigung … aber wie lange geht dann der Krieg? Die einfache Lösung lautet – bis eine Seite gewonnen hat. Das nennt man dann Siegfrieden. Für den Verlierer ist das oft eine Katastrophe.

Aber ganz so einfach ist es dann doch nicht. Denn wenn sich eine Niederlage abzeichnet, kann zumindest mittels einer Kapitulation der Schaden begrenzt werden. Oder sie wird einen verlorenen Krieg fortsetzen bis zur eigenen vollständigen Vernichtung. Oder es verhärten sich lediglich die Fronten, ohne dass es zu einer Entscheidung kommt. Eine Kriegspartei wird den Krieg so lange betreiben, wie sie glaubt, damit mehr gewinnen als verlieren zu können. Was aber, wenn beide Seiten dadurch mehr verlieren als sie gewinnen können? Muss dann der Krieg endlos weitergehen?

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Der Wille zu Glauben

Willst du Glauben oder nicht? Willst du, aber kannst du nicht? Überraschende Fragen, denn Glaube ist für mich weniger eine Frage von Gefühl und Fähigkeit, sondern von Überzeugung und Entscheidung. Wir wissen weit weniger, als wir es gerne hätten, und dennoch gehen wir quasi von Gewissheiten aus. Reines Wunschdenken, wenn es als solches erkannt wird, kann nicht funktionieren: Wer will sich schon selbst betrügen?

Da, wo eine tiefe Überzeugung, z.B. wegen Erfahrungen, fehlt, steckt die Frage des Glaubens in einem Denkraum: Glauben kann man nur, was man zumindest für möglich hält. Unter Ungewissheit trifft man dann die Entscheidung, ob man sein Vertrauen auf das Geglaubte setzen will. Selbstverständlichkeiten sind dagegen weniger ein Maß des Glaubens. Denn das, was selbstverständlich erscheint, ist oft nur geprägte Meinung und Gewohnheit. Auch Plausibilitäten alleine können oft keine hinreichende Gewissheit verschaffen, die einer Überprüfung stand hält. Letztlich ist Vieles eine Frage des Glaubens. Die Adaption vermeintlicher Selbstverständlichkeiten, die letztlich schwach begründet sind, können zwar auch geglaubt werden, aber warum?

William James veröffentlichte 1896 ein religionsphilosophisches Essay mit dem Titel The Will to Believe. Das englische Original ist leider nur über ein VPN erreichbar, z.B. über den Opera Browser. Einige Aspekte daraus lohnen eine nähere Betrachtung.

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Wovon reden Menschen, wenn sie von Gott reden?

Ist die Frage nach Gott noch zeitgemäß? Unter dem obigen Titel hat Dushan Wegner eine interessante Diskussion angestoßen. Ich fand es so spannend, über den Tellerrand des Artikels und der Antworten etwas vertiefter der Frage nachzugehen. Das Besondere an Wegners Artikel ist, dass er im Eingangsstatement alles offen ließ, sogar seine eigene Meinung zum Thema. Er hat die  atheistische Position dahin relativiert, dass er jenen oftmals eine fragwürdige Haltung unterstellte:

Was manche Städter für „Atheismus“ halten, scheint mir mehr eine Ablenkung auf hohem Niveau zu sein. Zeigen Sie mir doch einen glücklichen Atheisten, der seinen Atheismus nicht durch Unterhaltung, Konsum, diverse Abhängigkeiten (heute z.B. Smartphones) und Dauer-Kultur-Berieselung täglich neu am Leben halten muss!

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Grundfragen oder Grundausrichtung?

Die Grundfragen des Lebens, wie sie auch Kant formulierte, empfindet Mancher als den Kern der Philosophie schlechthin:

1. Was kann ich wissen?
2. Was soll ich tun?
3. Was darf ich hoffen?
4. Was ist der Mensch?

Anderen erscheint es fruchtlos, per Frontalangriff ein hoffnungsloses Unternehmen zu starten, als ob es poetisch sei, Windmühlenflügel zu attackieren. Ein anderer Ansatz wäre die Frage der Grundausrichtung des eigenen Lebens. Ich habe sieben Motive als Grundformen der Lebensentwürfe betrachtet. „Grundfragen oder Grundausrichtung?“ weiterlesen

Christentum unethisch?

Philipp Möller, bei Sandra Maischberger (ab 4:50): ‚Ich persönlich halte das Christentum vor allen für eine unethische Lehre, weil sie die Selbstbestimmung verhindert, und damit auch persönliches Glück verhindert.‘ Es erscheint vor dem inneren Auge ein verknöchertes und moralinsaures Männchen, das anderen Menschen und sich selbst das Leben schwer macht und in ein rigides Joch zwängen will. Eine zulässige Meinungsäußerung, gar eine treffende Analyse, oder doch ein absurdes Zerrbild?

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Labyrinth

Die Geschichte der Irrgärten reicht bis in die Vorzeit. Bekannt wurde es nicht zuletzt in der Sage vom Minotaurus. aber auch in jüngerer Zeit gewinnen Labyrinthe in Literatur und Film eine besondere Beachtung. Vor allem wegen seiner Sinnbildlichkeit. Das Leben selbst, dass in verschlungenen Pfaden allzu oft in Sackgassen führt und dem Menschen in seiner Verzweiflung ein schier unlösbares Rätsel aufgibt. Nicht zuletzt wurde es zur zentralen Metapher der neuen Serie Westworld.

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Unzulänglichkeit

Ein Kennzeichen des Lebens schlechthin, und damit auch der Erfahrung jedes Einzelnen, ist die Unzulänglichkeit. Einerseits ist es die absolute Wissensgrenze, dass es eben nicht zu erwarten sei, alle Geheimnisse des Lebens völlig erforschen zu können. Dann die relative Wissensgrenze, denn das aktuell verfügbare Wissen der Menschheit bleibt weit deutlicher begrenzt – auch wenn man noch erheblich mehr wissen könnte. Schließlich aber weiß kein lebender Mensch im Wesentlichen das, was im gesamten Menschheitswissen vorhanden ist, und die meisten Menschen wissen, dass sie weit weniger wissen, als eben gebildetere Leute wissen. Es ist somit von der Erkenntnis der Unzulänglichkeit auszugehen.

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Phämomenologie der Erfahrung

Ronald D. Laing wählte 1967 den Titel The Politics of Experience, der nicht zu Unrecht von Suhrkamp in Deutsch unter Phämomenologie der Erfahrung erschien. Verglichen mit den Klassikern gilt das fraglos als moderner Text. Als wissenschaftlicher Text wäre er mit seinen 50 Jahren bereits fragwürdig. Als philosophischer Text ist er allemal aktuell, denn Laing beschäftigt sich, ähnlich wie Victor Frankl, keineswegs ausschließlich mit psychologisch-wissenschaftlichen Fragestellungen, sondern dringt zu Grundfragen der Existenz schlechthin durch. Wer sich darauf einlässt, erfährt einen Perpektivwechesel … besser: Ich erfuhr einen Perspektivwechesel:

Selbst Fakten werden zu Fiktionen, wenn >die Fakten< nicht adequat gesehen werden. Wir brauchen weniger Theorien als vielmehr Erfahrung, die Quelle der Theorie ist. (S.11)

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Selbst schuld

Der Begriff ‚Schuld‘ wird immer schillernder, je mehr man über ihn nachdenkt. Manche meinen, dass man ihnen Schuldgefühle einredet. Die Gesellschaft, das Über-Ich, die Eltern, die Kirche … eigentlich sind die Schuld an den Schuldgefühlen. Und tatsächlich gibt es auch krankhaft übersteigerte Schuldgefühle, die manche in die Verzweifelung treiben.

Im Zuge der Debatte über die Bestimmung des Menschen meinen nicht wenige Zeitgenossen, dass der Mensch vollständig ein Produkt seiner Umwelt sei. Dies bestimmt sein Sein und Empfinden, sein Denken und Handeln. Im Grunde sei der Mensch völlig determiniert. Er kann gar nicht anders handeln, als er handeln muss. Wie könnte er da noch schuld sein, wenn er doch hätte gar nicht anders handeln können? Was bedeutet ‚Schuld‘ dann eigentlich noch? Ist der Täter nicht viel mehr Opfer der Umstände?

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