Das Scheitern des Diskurses um die Leitkultur

Als Bassam Tibi 1996 den Begriff einführte, meinte er etwas nahezu Zwingendes in seinem Aufsatz Multikultureller Werte-Relativismus und Werte-Verlust.

Für Tibi basiert die europäische Leitkultur auf westlichliberalen Wertevorstellungen:

„Die Werte für die erwünschte Leitkultur müssen der kulturellen Moderne entspringen, und sie heißen: DemokratieLaizismusAufklärungMenschenrechte und Zivilgesellschaft.“ wie er in seinem 1998 veröffentlichten Buch Europa ohne Identität? Die Krise der multikulturellen Gesellschaft schrieb.[1]

Die Notwendigkeit einer Leitkultur in Deutschland begründet Tibi damit, dass hier Identität durch Ethnizität definiert sei und dass Deutschland als Kulturnation Einwanderern keine Identität bieten könne. Wenn die Deutschen die Einwanderer in ihre Kulturnation integrieren wollten, müssten sie eine Leitkultur definieren: „Zu jeder Identität gehört eine Leitkultur!“

Dieser Gedanke drängt sich auf und ist dahin gehend angelegt, einen Konsens zu suchen. Ein beachtlicher Versuch, hier einen Diskurs zur Ausgestaltung des Offensichtlichen voran zu treiben. Aber bereits kurz darauf brach ein Sturm aus einer wortreichen Diskursverweigerung hervor, der bis heute andauert und auch kein erkennbares Ende der Grabenkämpfe erwarten läßt. Das jüngste Beispiel dazu liefert der Verriss von Marcus Ermler zu LEITKULTUR, IDENTITÄT, PATRIOTISMUS
Ein Positionspapier der AfD-Fraktion im Thüringer Landtag als Beitrag zur Debatte um die deutsche Leitkultur.

Ohne der Versuchung zu erliegen, einen polemischen Beitrag in den Ring zu werfen, will dieser Text dem ursprünglichen Anliegen auf der Suche nach dem Konsens folgen, auch wenn das bisherige Scheitern dazu wenig erfolgversprechend zu sein scheint.

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Skeptiker, Leugner und die Wissenschaft

Die Bestimmung der Realität, die Erkenntnis, ist Kernbereich der Philosophie. Im Besonderen haben sich die Naturwissenschaften zur gefühlten Königsdisziplin der Realitätsbestimmung gemausert. Auch wenn man dies berechtigt kritisieren kann als einen Bedeutungsschwund der geistigen Welt, so gilt es nach wie vor, eben jene Möglichkeiten und Inhalte der Wissenschaften immer wieder auf den Prüfstand zu stellen. Um mit Kant zu fragen: Was können wir wissen?

Im Besonderen der Klimawandel ist zum kontroversen Politikum geworden, in dem die Frage nach der Realität zugespitzt wird. Man spricht hierin oft von Skeptikern und Leugner. Skepsis gilt in der Wissenschaft als Tugend. Leugner sind hier unbekannt, bestenfalls als Ignoranten verschrieen. Leugner ist eher aus der Religion ein bekannter Begriff, in dem vermeintliche Wahrheiten bestritten werden. Unter Leugnen kann man die Behauptung widerlegter Falschaussagen verstehen. Unzureichend belegte Behauptungen als Fakten darzustellen, kann als Propaganda oder Betrug verstanden werden. Das Bezweifeln von Faktenbehauptungen nennt man Skepsis. Am konkreten Beispiel „die Stufen der Verleugnung“ soll dies sowohl aus sachlicher, als auch aus philosophischer Sicht diskutiert werden:

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Christentum und AfD

Politik und Philosophie haben viele Berührungspunkte, denn sie stellen ein gemeinsames Feld von Ethik und Selbstverständnis dar. Christlicher Glaube ist ein Bekenntnis, dass sich auf eine bestimmte Grundlage festgelegt hat. Im Besonderen ist es ein Bekenntnis zum Doppelgebot der Liebe, dass nicht nur den Nächsten (Schwester und Bruder) sondern auch den hilfsbedürftigen Fremden  und den Feind einschließt. Damit eine durchaus relevante Problemstellung einer philosophisch-ethischen Grundausrichtung.

In der bundesdeutschen Parteienlandschaft ist vor allem die AfD umstritten. Die Kirchenleitungen engagieren sich sehr explizit in einer Gegenposition und warnen dafür. Aber tun sie das mit Recht? Ist es für den Christen ein Problem des Bekenntnisses, sich in Wahlentscheidungen hinter die AfD zu stellen oder gar aktives Mitglied zu sein?

Weiter gedacht stellt sich die Frage, wie denn nun diese beiden Pole Christentum und AfD zum Zeitgeist und den Megatrends verhalten. Denn es ist nicht nur die Frage, dass es ein fest umrissenes Christentum vs. DIE AfD gibt, sondern auch die Formung einer aktuellen Denkrichtung, de zwar ebensowenig sich punktuell fixieren ließe, dennoch wirkmächtig auch die Deutung des Christentums beeinflusst, bzw. die ihrerseits das Christentum ins Abseits stellt. Davon wird am Schluss die Rede sein.

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Leitkultur GG: Meinungsfreiheit

Weiter in meiner Reihe zum Grundgesetz.  Der Artikel 5 behandelt die Meinungsfreiheit.  Es gilt, was bereits zur Freiheit des Artikel 2 gesagt wurde:

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
Ein wunderbarer Text! Er erinnert daran, dass uns der Verlust der Meinungsfreiheit dann am ersten auffällt, wenn wir selbst oder unser Genossen in der Meinung Repressalien ausgesetzt werden. Einige Parteien scheint es dagegen in keiner Weise anzufechten, wenn die Meinung des Gegners unterdrückt wird. Kurzerhand wird diese dann mit pauschal mit fragwürdigen Etiketten belegt, z.B. Faschismus, und dann erklärt, dass Faschismus gar keine Meinung sei, sondern ein Verbrechen. Ob es sich bei dem Behaupteten irgend einen Bezug zum Faschismus hat oder nicht, spielt dann auch keine Rolle mehr, denn der Mechanismus funktioniert ganz prima ohne lästige Rückfragen. Dagegen erinnert das Zitat von Voltaire (bzw. ihm zugeschrieben) daran, dass Meinungsfreiheit zuerst die Freiheit der Meinungsgegner heißt:

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Politische Philosophie – Der Einzelne und der Staat

Der Einzelne mag sich den Staat als Schutzmacht vorstellen, der ihm seinen Lebensvollzug in Freiheit sichert. Andererseits erscheint der Staat auch als Bedrohung, der jene Freiheiten entziehen und aushöhlen kann. Der Einzelne mag sich der Notwendigkeit der Kollektivs unterwerfen und eigene Ansprüche hinten an stellen, oder aber unbedingt auf das Durchsetzen individueller Interessen bestehen.

Der Einzelne hat zumeist auch ein Identitätsproblem: Wer bin ich eigentlich? Für viele ist es über die Beziehung zur eigenen Familie hinaus die Teilhabe an einem größeren, sinnstiftenden Kollektiv. Ist es ein Volk, durch dessen Mitgliedschaft die Verpflichtung erwächst, zu seinem Gedeihen zu dienen? In diesem Sinn würde der Staat weit mehr als eine Zweckgemeinschaft sein. Es drohen Totalitarismus und Faschismus. Andererseits kann ein Gemeinwesen kaum funktionieren, wenn es sich nur aus egoistischen Individuen zusammen setzt. Es wird auf kurz oder lang dem Untergang geweiht sein.

Andere sinnstiftende Kollektive sind Sippen, Glaubensgemeinschaften, politische Bewegungen und Parteien oder andere ideologisch geprägte Verbünde. Diese können sowohl staatstragend sein, als auch den Staat aushöhlen oder zersetzen. Vor allem totalitäre Staaten sehen in jedem Kollektiv, dass nicht unter der eigenen Kontrolle ist, eine potentielle Gefahr.

Der Staat mag den Einzelnen als potentielle Bedrohung verstehen, die es einzuhegen gilt. Eine Bedrohung geht allerdings weit weniger von dem weitgehend vereinzelten Menschen aus, sondern von einem Kollektiv der Gegen-Öffentlichkeit. Eine extremer Individualismus, ein negieren identitätsstiftender Ansichten, wirkt hemmend auf das Entstehen einer Gegenöffentlichkeit. Der isolierte Mensch ist daher politisch gewollt, denn er lässt sich am leichtesten regieren. Widerspruch verpufft dann in der Menge. Ist Staat nun mit einem gewachsenen Kollektiv der sozialen Einbindung zu vergleichen? Oder ähnelt er dann doch eher Herrschern, die sich diverser Macht-Rechtfertigungen vorschieben.

Wie weit ist der Anspruch des Staates, die Rechte des Einzelnen zu wahren und zu schützen, überhaupt durchsetzbar … oder ist dies nur eine Illusion? Gegen den Einzelnen erscheint der Staat Janusköpfig …

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Nationalismus revisited

Wie an anderer Stelle beschrieben bin ich über den hessischen Verfassungsschutzbericht auf die Identitäre Bewegung gestoßen, der dort vorgeworfen wurde, einen strikten Nationalismus zu vertreten.

Ein Text der IB von Martin Sellner grenzt sich gegen den Nationalismus ab und scheint so gar keinen Bezug zur Darstellung im Verfassungsschutzbericht und in Wikipedia zu haben: Nationalismus revisited

Vorausschickend muss eine Definition geleistet werden: Wenn Nationalismus lediglich verstanden wird als die Wahrung der Interessen der Nation im Gegensatz zum Internationalismus und Globalismus, dann trifft dieser Text nicht. Der Verfassungsschutzbericht und auch der Text von Sellner meinen hier viel weitergehend eine Denkrichtung, in der die Nation einen zentralen Stellenwert einnimmt.

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Nationalismus und Ethnopluralismus – Kampfbegriffe?

Manchmal werden wir mit bedeutungsschwangeren Begriffen konfrontiert, die eigentlich unklar bleiben. Durch einen Radiobericht wurde ich auf den Hessischen Verfassungsschutzbericht 2017  aufmerksam. Dort las ich:

Ethnopluralismus“ | Teile des Rechtsextremismus, vor allem die IB, propagieren das Konzept des „Ethnopluralismus“ und behaupten in einer verschleiernden Sprache, dass sie für die Vielfalt der Völker einstehen würden. In Wirklichkeit zielt dieses Konzept auf einen strikten Nationalismus, der „fremde“ Menschen ausgrenzt und dadurch Fremdenfeindlichkeit provoziert. Der „Ethnopluralismus“ beschreibt die Unterschiede zwischen den Völkern und meint damit letztlich die homogene nationale Identität der eigenen Ethnie.

Was aber ist dieser Nationalismus eigentlich? Nur etwas, dass sich auf die Nation bezieht? Oder eben strikter Nationalismus als totalitäre Ideologie?Das irritierte mich, denn ich  halte die verschiedenen Kulturen für tatsächlich unterschiedlich und darum auch für interessant und wertvoll.

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Wovon reden Menschen, wenn sie von Gott reden?

Ist die Frage nach Gott noch zeitgemäß? Unter dem obigen Titel hat Dushan Wegner eine interessante Diskussion angestoßen. Ich fand es so spannend, über den Tellerrand des Artikels und der Antworten etwas vertiefter der Frage nachzugehen. Das Besondere an Wegners Artikel ist, dass er im Eingangsstatement alles offen ließ, sogar seine eigene Meinung zum Thema. Er hat die  atheistische Position dahin relativiert, dass er jenen oftmals eine fragwürdige Haltung unterstellte:

Was manche Städter für „Atheismus“ halten, scheint mir mehr eine Ablenkung auf hohem Niveau zu sein. Zeigen Sie mir doch einen glücklichen Atheisten, der seinen Atheismus nicht durch Unterhaltung, Konsum, diverse Abhängigkeiten (heute z.B. Smartphones) und Dauer-Kultur-Berieselung täglich neu am Leben halten muss!

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Von Lemmingen und Megatrends

Bei der Beobachtung der Zeit kann das Gefühl überhand nehmen, dass es kollektiver Wahn ist, der die Interessen einer Nation zum Schaden der Mitglieder oftmals antreibt. Bekannt ist dieses Phänomen in der Massenpsychologie oft als Kriegsbegeisterung. Scheinbar ein ganzes Volk will etwas, dass es in den Untergang treibt, oder zumindest ein äußerst gefährliches Unterfangen ist – und dem profunden Risiko steht bestenfalls ein schwacher Nutzen gegenüber.

Aber nicht nur bei Krieg und Frieden sind diese verheerenden Wirksamkeiten zu vermerken. Die Metapher der Lemminge steht für ein Massensterben, gegen die eine ‚Schwarmintelligenz‘ nichts entgegen stellt. Die Entscheidungen der Massen sind oft kein Korrektiv gegen die Irrtümer von Einzelnen, sondern können fatale Wirkungen entfalten.

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Politische Ethik – ein Luxusproblem?

Politik im engeren Sinn kümmert sich um die Interessen der an einem Prozess beteiligten und deren Ausgleich. Dazu müssen die von einer Entscheidung betroffenen tunlichst eine Vertretung haben. Auch muss es für den Einigungsprozess und das Handeln der Prozessbeteiligten Verhaltensnormen geben, damit der Prozess funktionieren kann. Eigentlich selbstverständlich – Moral ist für den Prozess unverzichtbar. Ich benutze lieber den Begriff Moral, um konkrete Werte zu markieren als Ethik, der ich einen allgemeinen Sinn vorbehalte. Eine zweite Ebene betrifft die Moral der Entscheidungen. So können selbstverständlich moralische Maximen das Interesse der Prozessbeteiligten ausmachen oder modifizieren. Auch damit erscheint klar, dass auch eine inhaltliche moralgetriebene Politik durchaus möglich und vertretbar ist. Ist sie aber auch notwendig? Und ist hier zwischen einer persönlichen Moral und einer politischen Moral zu unterscheiden?

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