Kirche – Quo Vadis?

In Deutschland wird Christentum meist als in Vertretung durch Amtskirchen angesehen. Persönlicher Glaube und freikirchliche Gemeinschaften passen da zwar weniger ins Bild, aber diese Dissonanz wird oft nicht aufgelöst. Um so mehr sind die Entwicklungen der Amtskirchen auch dann von Interesse, selbst wenn ein distanziertes Verhältnis besteht. Sind es dann, auch bei aller Kritik, dennoch fehlbare Schwestern und Brüder, die die Solidarität der Christen brauchen, die ihnen fern stehen? Oder sollte man den Niedergang der Institution auf Raten auch aus christlicher Sicht begrüßen, denn die Amtskirche erweist sich möglicherweise nicht-reformfähige Institution, die ihre Berechtigung verloren hat?

Einige interessante Aufsätze beschäftigen sich mit der Frage, die durch die Corona-Krise an Brisanz gewonnen hat: Was wird aus der Kirche? Es ist schwer, von der Kirche in Deutschland zu sprechen, denn die Gliederung in evangelisch und katholisch zeigen zuweilen recht unterschiedliches Gepräge. Eine Ökumene , die ihre Verbindung in dem gemeinsamen Glauben als dem Apostolischen Bekenntnis verpflichtet erkennt, wäre zu begrüßen. Leider hat man aber den Eindruck, dass es nicht der gemeinsame Herr ist, die die Gliederungen zusammenführt, sondern eine konvergente Gesellschaftsentwicklung, die zugleich den Jesus-Glauben nicht mehr im Mittelpunkt hat, sondern lediglich als historisches Beiwerk behandelt. Die 11 Leitsätze der EKD/ Z-Team, Gebrauchsanleitung für das Endspiel? von Günter Thomas (Professor für Systematische Theologie ) und Bischöfliche Anleitung zum Kirchen-Suizid von Johannes Eisleben werden diskutiert.

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Günter Gaus / Rudi Dutschke (1967) / Große Transformation

Rudi Dutschke war der Anführer und Vordenker der Studentenbewegung. Ist es nicht total out, Interviews vor über 50 Jahren zu diskutieren? Ich halte es für top aktuell, denn hier können wir erstaunliches lernen:

  • Inhaltlich: Was hat sich an den Einschätzungen der damaligen und heutigen Zeit geändert? Was hat sich bestätigt? Was hat sich nicht verändert?
  • Stilistisch: Wie war der Umgang in kontroversen Diskussionen? Günter Gaus lässt keinen Zweifel an der Ablehnung von Dutschkes Position … aber was macht er daraus?
  • Philosophisch: Was bedeuten diese Perspektiven für unser Selbstverständnis und unser Urteile zum Zeitgeist?

Schauen sie sich das Video selbst an! 42 Minuten, die sich sehr lohnen.

Zuerst fällt in der Einleitung auf, dass Gaus die Bedeutung Dutschkes herunterspielt. Wir wissen, dass das Hauptjahr der Studentenbewegung 1968 war, also erst danach an Breite gewann. Darum ist es zu diesem Zeitpunkt durchaus zutreffend, von einem kleinen Teil der Studenten zu sprechen. Er ahnt jedoch, dass hinter diesen Ansätzen mehr steckt …

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Erinnerungskultur, die Zweite

Es ist natürlich scharf abzulehnen, wenn Björn Höcke in der Dresdner Rede forderte, man müsse zur Erinnerungskultur der Naziverbrechen eine 180 Grad Wende machen, also das Gegenteil tun. Wohlwollend könnt man das jedoch für eine Überzeichnung halten und er lediglich sagen wollte, dass die bislang geübte Erinnerungskultur so nicht hilfreich ist. Man wird weder den damaligen Opfern, noch den heutigen Opfern gerecht, sondern man verklärt traumatische Ereignisse und zieht die falschen Lehren daraus. Das weitere Erinnern an die Geschichte, auch der persönlichen Erfahrungen und die eigene Familiengeschichte wird überschattet von diesem Trauma, das für manche identitätsstiftend sei. Fraglos ist es schwer, ein angemessenes Verhältnis der Erinnerungskultur des Holocausts, der sicher kein Vogelschiss ist, zu dem ‚Rest‘ der Geschichte zu gewinnen.

Hier lasse ich auch dieses Verhältnis offen, aber ich will hier genau einen Teil des Rests in den Fokus nehmen.

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Das Leben, Zeit und Ewigkeit

Die Erklärung, was das Leben eigentlich sei, was vielleicht das falsche Leben sei … all das erscheint zunächst selbstverständlich, aber wird schwierig, wenn man darüber nachdenkt. Die Biologie beschreibt das Leben zumeist als Stoffwechselprozesse. Menschen verstehen Leben meist mehr oder minder als die bewusste Existenz. Man mag über die Fähigkeit zur Entwicklung, das Fühlen oder Entscheiden intuitiv für wichtig halten. Aber stets sind damit Prozesse verbunden, die nur auf dem Hintergrund des Zeitablaufs zu verstehen sind. Unser Denken setzt die Zeit voraus.

Ewigkeit wird gemeinhin als Endlosigkeit verstanden. Es geht immer weiter und hört niemals auf. Es ist bereits ein philosophischer Ansatz, diese Vorstellung der Ewigkeit nicht als Antwort auf den Schrecken des Todes zu suchen. Ja, der Tod bleibt schrecklich, aber er verleiht dem Leben eine gewisse Dimension der Kostbarkeit. Eine Endlosigkeit, selbst des Paradieses, wird dann ebenso beängstigend, denn die Perspektive geht verloren. Man kann in der Ewigkeit der Langweile kein Ende bereiten. Dennoch hat die Ewigkeit – in einem anderen und weniger fassbarem Sinn – eine entscheidende Bedeutung als Ziel des Lebens.

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Unverzeihlich?

Die Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte aus Pretoria am 6.2.2020 zu Wahl des Thüringischen Ministerpräsidenten Kemmerich, ‚dass dieser Vorgang unverzeihlich ist‘. Abgesehen davon, dass hier völlig unklar bleibt, wer hier wem wofür verzeihen sollte … oder auch nicht, entsetzt doch die Wortwahl. Unverzeihlich heißt, dass es niemals ein Vergeben geben kann. Es ist schicksalhaft endgültig. Abgesehen davon, dass es sich vermutlich noch nicht einmal um einen Fehler der an dem Vorgang beteiligten handelte und das Wort vermutlich leichtfertig gebraucht wurde, handelt es sich bei Unverzeihlich um etwas, was für allem dem christlichen Glauben mehr als beängstigend erscheint. Was hat das für Konsequenzen?

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Totensonntag

Heute wird in den Kirchen der Toten und der eigenen Sterblichkeit gedacht. Manch einer erschrickt und verdrängt den Gedanken, so wie in dem Song:

Come in here, dear boy, have a cigar,
You’re gonna go far,
You’re gonna fly high,
You’re never gonna die,
You’re gonna make it if you try,
They’re gonna love you.

‚Have a Cigar‘ von Pink Floyd

Andere haben sich mit dem Gedanken des – auf kurz oder lang -kommenden Todes bereits angefreundet. Manche versuchen fast zwanghaft, ihr Leben zu verlängern, dem Tod zu entkommen. Und wieder Andere fragen: Gibt es ein Leben vor dem Tod?

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Erkenntnis, Glaube und Zweifel

Der Mensch ist neugierig. Er will wahre Antworten, nicht zuletzt auf die Grundfragen der Menschheit. Manche geben sich mit tradierten Antworten zufrieden oder glauben irgend was. Andere resignieren bei der Frage und behaupten, eben nichts zu glauben. Aber manche wollen es genauer wissen, sie wollen nicht resignieren und auch nichts Beliebiges glauben. Sie suchen nach Erkenntnis.

Glauben ist zunächst ein Fürwahrhalten von Dingen und Aussagen, die man nicht hinreichend beweisen kann. Aber wie erlange ich dennoch eine vertretbare Erkenntnis, wenn sich die finale Wahrheit unserem Zugriff entzieht? In zweiter Hinsicht ist Glaube auch Vertrauen auf andere Autoritäten: Glaube ich den Wissenschaftlern? Oder an Gott? oder meiner Peer-Group, den Medien? Ist radikaler Skeptizismus die bessere Option? D.h. ich glaube, es gibt keine verlässliche Informationsquelle? Hier will ich mich mit dem besonderen christlichen Ansatz beschäftigen: Erkenntnis durch Glauben!

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Gerechtigkeit, Gott und das Glück

Wer von Gerechtigkeit spricht meint heute ein Empfinden, dass allen Menschen gleiche Chancen zuspricht und Regeln, deren Verletzung einer Ahndung oder ‚Heilung‘ bedürfen. Dennoch bleibt unklar, ob dieses Empfinden ein Gewordenes und damit Kulturrelatives bleibt, oder ob es an das Absolute heranreicht. Früher sprach man von den Universalien: Gibt es die Gerechtigkeit, die Liebe, das Glück, die Freiheit etc. überhaupt? … oder ist es nur ein Attribut, eine Zuschreibung. Würde es die Gerechtigkeit als Absolutes nicht geben, so bliebe sie willkürlich und verfügbar. Jeder, der im Namen der Gerechtigkeit oder der Freiheit irgendetwas fordert, hätte nicht nur einen leeren Satz produziert, sondern man könnte jenem Irrelevanz unterstellen, weil ja sein Gegenüber eben ein anderes Empfinden habe … und was mache dann des Einen Empfindung gegenüber des Anderen vorzüglich?

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Der Wille zu Glauben

Willst du Glauben oder nicht? Willst du, aber kannst du nicht? Überraschende Fragen, denn Glaube ist für mich weniger eine Frage von Gefühl und Fähigkeit, sondern von Überzeugung und Entscheidung. Wir wissen weit weniger, als wir es gerne hätten, und dennoch gehen wir quasi von Gewissheiten aus. Reines Wunschdenken, wenn es als solches erkannt wird, kann nicht funktionieren: Wer will sich schon selbst betrügen?

Da, wo eine tiefe Überzeugung, z.B. wegen Erfahrungen, fehlt, steckt die Frage des Glaubens in einem Denkraum: Glauben kann man nur, was man zumindest für möglich hält. Unter Ungewissheit trifft man dann die Entscheidung, ob man sein Vertrauen auf das Geglaubte setzen will. Selbstverständlichkeiten sind dagegen weniger ein Maß des Glaubens. Denn das, was selbstverständlich erscheint, ist oft nur geprägte Meinung und Gewohnheit. Auch Plausibilitäten alleine können oft keine hinreichende Gewissheit verschaffen, die einer Überprüfung stand hält. Letztlich ist Vieles eine Frage des Glaubens. Die Adaption vermeintlicher Selbstverständlichkeiten, die letztlich schwach begründet sind, können zwar auch geglaubt werden, aber warum?

William James veröffentlichte 1896 ein religionsphilosophisches Essay mit dem Titel The Will to Believe. Das englische Original ist leider nur über ein VPN erreichbar, z.B. über den Opera Browser. Einige Aspekte daraus lohnen eine nähere Betrachtung.

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Einheit und Vielfalt der Christen

DAS Christentum … gibt es das überhaupt? Wo doch die Christen so unterschiedlich sind? Und wie kann man diese überhaupt fassen? Offensichtlich gibt es Gemeinsamkeiten, die sie von anderen, namentlich Buddhisten, Muslimen oder Atheisten unterscheiden, aber was macht diese Kategorie wirklich aus? Zunächst aber vom Ziel und Sinn einer Kategorienbildung: Zu welchem Zweck will ich diese Kategorie überhaupt nutzen? Geht es darum, ein historisches Urteil zu bilden, eine geistesgeschichtliche Strömung zu beschreiben, den Glauben von einer Gruppe von Menschen diskutieren?

Zunächst einmal hat sich die frühe Kirche mit dem Problem der Identifikation in Abgrenzung von Sekten und stark abweichenden Lehrmeinungen herausgefordert erkannt. Ergebnis war schließlich das apostolische Glaubensbekenntnis, das bis heute Bestand hat und die Kernpunkte der christlichen Lehre umreißt. Aber auch unter Christen ist dies oft nicht mehr unumstritten. Ist das Gesuchte der kleinste gemeinsame Nenner? Es geht im Folgenden um die Relevanz von Abgrenzungen, und warum dennoch vehement die Einheit beschworen wird, obwohl doch die Unschärfe evident ist. Besonderen Anlass zu diesem Text lieferte Kurt Flasch Warum ich kein Christ bin:

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