Die vernunftbegabte Person im irrationalen Kollektiv

In der Reihe Lesefrüchte verweise ich hier auf Der Ausschluss des eigenen Urteilsvermögens und Propaganda macht das Leben leichter, aber es bleibt nicht bei diesem Textverweis:

Entfremdet zu sein heißt, anders (alienus) als man selbst zu sein, doch es kann ebenso bedeuten: zu einem anderen als einem selbst zu gehören. Und noch grundlegender: seiner selbst beraubt, um einem anderen unterworfen (oder gar einverleibt) zu sein. Im Endeffekt hat Propaganda diese Wirkung. Sie beraubt das Individuum, entledigt es zwar eines ganzen Teils seiner selbst, lässt es aber gleichzeitig ein simuliertes, fremdes, künstliches Leben führen – sodass das Individuum, das dieser Propaganda unterworfen wird, ein anderer ist und zugleich Triebregungen gehorcht, die ihm fremd sind, sprich, einem anderen gehorcht.

Jacques Ellul

Propaganda dient auch der künstlichen Befriedigung realer Bedürfnisse oder, daraus folgend, die reale Befriedigung künstlicher Bedürfnisse (Etwa in der Werbung). Auszug aus Jacques Ellul „Propaganda. Wie die öffentliche Meinung entsteht und geformt wird„.

Denn die Mechanismen, die durch die Propaganda instrumentalisiert werden, funktionieren nur, weil es eine gewisse Spannung in der Natur des Menschen gibt. Interessant ist, ob das Thema Hingabe tatsächlich klar und stets negativ bewertet werden muss. Doch bleiben wir zunächst beim Anlass, der Analyse der Propaganda.

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Der Fall des Menschen

Zuweilen ist es mir nur ein Anliegen, meine Gedanken zu fixieren. Natürlich würde ich es begrüßen, wenn andere etwas davon hätten, aber das ist zumeist sekundär. Hier will ich versuchen, einen Text so zu schreiben, dass er auch in einer Predigt verwendet werden könnte, also die Vermittlung der Idee steht als Anliegen gleichwertig neben der Substanz. Der Gegenstand hier ist die Geschichte vom Sündenfall. Ist dies eine antike und überholte Idee? Etwas für eben religiöse Menschen? Oder doch der Schlüssel zum Verständnis des Menschen?

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Ungewissheit, Ungehorsam und der freie Wille

Alle diese Begriffe haben nicht nur gemeinsam, dass sie eine gewisse Ambivalenz verbindet, sondern dass sie auf eine seltsame Weise untrennbar verknüpft sind .. wie wir im Folgenden sehen werden. Einerseits gibt es einen Dualismus zwischen Gut und Böse, andererseits das falsche Dilemma zwischen zwei Extremen, die sich aber beide als schlecht erweisen. Einerseits ist das Streben der Menschen stets nach Gewissheit über das Vertrauen hinaus … und das ist auch gut so. Andererseits führt das Verwerfen des Vertrauens in eine kalte Leere, in der der Mensch stirbt, und zudem jene Gewissheit nicht erreichen kann.

Um diese Spannungen ein wenig zu erleuchten werden wir höchst seltsame Quellen zu Rate ziehen, nicht nur die Aporien des Platon, die Kritik der reinen Vernunft und Poppers kritischen Rationalismus, sondern auch die Bibel, zeitgenössische Philosophen wie Gunnar Kaiser und Hollywood-Produktionen wie Assassin’s Creed. Fangen wir von hinten an …

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Klimakirche

Mich beschäftigen Fragen nach Gott, Kirche und Klimawandel. Darum ist es unvermeidlich, sich mit der Predigt von Luisa Neubauer, prominente Klimaaktivistin, am Abendgottesdienst in der Fastenpredigtreihe, Sonntag Reminiscere, 28.02.2021, 18 Uhr (32:57 bis 50:04 ) zu befassen. Im Umfeld und in der Kritik wurde das jugendliche Alter, der persönliche Lebensstil und die Ideologie kritisiert und die Frage nach der Rolle der Kirche in der Politik. Dies alles mögen berechtigte Fragen sein, aber man muss den Beitrag direkt wahrnehmen, anstelle durch Vorurteile nicht mehr zuzuhören. Darum ist die Originalquelle unverzichtbar.

Vorab: Die Predigt ist besser als zu befürchten war, zumindest formal. Sie hat einen klaren Bezug zum christlichen Glauben und ist rhetorisch kaum zu kritisieren. Sie ist eine differenzierte Beschäftigung mit der Sorge, der Vorsorge und der Fürsorge. Die Kritik muss sich zuerst mit den Inhalten beschäftigen. Theologische Aussagen, Tatsachenbehauptungen und Konsequenzen für das eigene und gesellschaftliche Leben sind zu prüfen. Und da tut sich Bedenkliches auf.

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Was treibt die Menschen an?

Menschen verhalten sich zuweilen seltsam. Nicht nur bei Dritten erscheint es so, dass sich ihr Verhalten oft nicht nach ihren vermeintlichen Interessen ausrichtet. Wäre nicht ein Leben in Liebe und Frieden das höchste Ziel? Warum suchen sie dennoch nach Streit, Gefahr, Krieg und Ungemach? Wer kennt nicht streitende Kinder? Wer wundert sich nicht über Drogenabhängige oder Menschen, die sich Horrorfilme anschauen? Freud sprach vom Destruktionstrieb und die Religionen geben dem Bösen einen Namen. Gibt es eine Lust am Bösen? Doch stets bleiben alle Erklärungen unbefriedigend: Was treibt den Menschen wirklich an, und vor allem: Warum?

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Sinn des Lebens … und der Zufall

Hat das Leben überhaupt einen Sinn? Oder ist doch alles sinnlos und leere Illusion? Kann man dem Leben, das von Sich aus keinen vorgegebenen Sinn haben könnte, im nachhinein einen Sinn geben? Die Fragen entstehen vor allem dann, wenn wir den Zufall eine bestimmende Rolle in unserer Existenz beimessen. Sind wir allerdings gegründet in dem Schöpfungswillen Gottes, hat unser Leben den von Gott vorgegebenen Sinn. Es gilt dann, diesen zu erkunden.

Hier wollen wir uns in beiden Richtungen einige Gedanken machen. Sich selber Ziele im Leben zu geben, Werte zu erkennen und ein Streben nach dem Glück alleine ist nicht zu verwechseln mit dem Sinn des Lebens. Ein Gerät, das Menschen erbauen, hat seinen Sinn darin, dass es bestimmten Funktionen dient. Auch ein Kunstwerk hat den Sinn, sich auszudrücken, einen Gedanken oder Gefühl zu vermitteln, oder schlicht Ästhetik zu realisieren. Doch was ist mit mir selbst?

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Die Entdeckung des Feindes

Uns ist es fern geworden, zumindest auf bewusster Ebene, die Welt in Freund und Feind aufzuteilen. Faktisch werden auch in zivilen Gesellschaften Feindschaften gepflegt, aber moderne Konflikte werden oft subtiler als mit physischer Gewalt geführt. Aber die Ebene, in der ein Gegenargument als das Kampfmittel angesehen wird und der Diskurs das Schlachtfeld ist, wird oft verlassen. Es geht dann um ausgrenzen, um delegitimieren, die Cancel-Culture, den Rufmord, die Assoziation mit den Bösewichtern. Trotz des sich intellektuell gerierenden Stils wird aber selten das Thema Feinderkennung, Feindbild und seine Berechtigung diskutieren. Bestenfalls in selbstverständlicher Ablehnung: Man pflegt doch keine Feindbilder! Offensichtlich faktisch sehr wohl, aber eben nicht explizit.

Uns begegnet steigende Gewalt in verschiedenen Formen. In einer anwachsenden Messerkriminalität, sexuellen Attacken und Terrorismus. Diese gehen überwiegend von Zuwanderern aus unserer Mitte aus, die kulturfremd ihre eigene Kultur der Gewalt mitbringen. Das Erschrecken darüber verstört: Warum ist das so? Was treibt diese Menschen, uns nahezu Wehrlosen anzugreifen? Alexander Meschnig liefert hier eine beachtliche Analyse.

Mit seiner Feindschaft zwingt mich der Feind, mir Rechenschaft darüber abzugeben, warum ich Opfer bringen soll, um diese Identität zu verteidigen, warum es lohnen soll, der zu sein, der ich bleiben und werden will.

Egon Flaig
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Ein philosophischer Elefant

Was treibt die Welt letztlich an? Ist es das Schicksal? Die Vorsehung? Gott oder Götter? Der Zufall? Der gestaltende Mensch? Oder die reine deterministische Notwendigkeit? Diese Grundfrage ist zentral für fast alles. Religionen und Kulturen ranken um diese Frage und Antworten. Die Dynamik der Gesellschaft wird maßgeblich von der Antwort geprägt und ist über den reinen Erkenntnisdrang auch politisch relevant. Fast alle Wissenschaften haben hierin ein starkes Motiv: Man will erforschen, wie die Welt bestimmt ist. Nicht nur in den Naturwissenschaften, die Gesetzmäßigkeiten und Bedingtheiten genauer erklärt, sondern natürlich auch die Humanwissenschaften. Es ist die Frage nach Freiheit und Herrschaft, die Frage nach dem Selbstverständnis … aber trotzdem spricht man nicht darüber. Man verliert sich im Detail und fragt nicht mehr nach den Grundlagen. Jeder glaubt irgend was, die meisten haben eher eine diffuse Überzeugung, die sie nicht hinterfragen.

Die Metapher vom Elefanten im Raum, an dem eigentlich keiner vorbei kommt, aber dennoch ignoriert wird, liefert keine Erklärung, sondern stellt nur die erstaunliche Beobachtung dessen dar. Hier wollen wir ein wenig über diese Grundfrage nachdenken.

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Alterativlos entschuldigt?

Fraglos gibt es erzwungene Handlungen, bei der jede denkbare Alternative deutlich negativer ist. Dann, und nur dann, kann man von Alternativlosigkeit sprechen. Es sei denn, man ist Anhänger des Determinismus, der de Freiheitsgrade von Ereignissen auf Null reduziert ansieht – diesen schließen wir hier aus der Betrachtung aus. Zumeist aber ist die Behauptung der Alternativlosigkeit, vor allem in der Politik, äußerst fragwürdig. Die Behauptung, Sachzwängen zu unterliegen, rechtfertigt letztlich jede Entscheidung und entschuldigt den, der ja gar nicht anders kann. Auch werden demokratische Entscheidungsprozesse ausgehebelt, wenn man diese mit der Alternativlosigkeit begründet.

Aber was ist, wenn es durchaus Alternativen gibt? Vielleicht wesentlich bessere Alternativen? Entschuldigt dann die irrtümlich für alternativlos eingeschätzte Lage die fragwürdige Entscheidung? Vor dem Gesetz gilt, dass Unwissenheit vor Strafe nicht schützt. Noch schlimmer ist, wenn die behauptete Alternativlosigkeit nur als strategisches Argument verwendet wird, aber die Alternativen durchaus bekannt sind. Dann wäre es eine glatte Lüge, die in jedem Fall schuldig macht. In meinem letzten Essay ‚Sehnsucht nach Selbstzerstörung‚ wurden die These vertreten, dass die erkennbaren Fehlentwicklungen, die in mehrfacher Hinsicht in den Untergang führen, durch einen tiefenpsychologisch getriebenen Zeitgeist moduliert werden. Hier wollen wir dies auf Alternativen prüfen.

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Sehnsucht nach Selbstzerstörung

Wir leben in seltsamen Zeiten. Einerseits leben wir in Westeuropa in einer Periode des Wohlstands und Friedens, die vielleicht beispiellos ist. Andererseits häufen sich die Indikatoren, dass diese Periode zu Ende geht, und zwar aus eigenen, innergesellschaftlichen Antrieben heraus. Alexander Meschnig bezog diesen gesellschaftlichen Trend auf die These Freuds, dass es im Menschen einen Todestrieb gibt, der einen Erklärungsansatz für diese Entwicklungen geben kann.

In seinem 1920 erschienen Werk Jenseits des Lustprinzips hat Sigmund Freud, auf dem Hintergrund der Erfahrungen des Ersten Weltkrieges, den in der psychoanalytischen Diskussion von Anfang an umstrittenen Begriff des Todestriebs eingeführt. Letzterer strebt danach, so Freuds theoretische Annahme, in den anorganischen Zustand zurückzuführen. Denn: „Das Ziel alles Lebens ist der Tod.“ Zu dieser Triebgruppe gehört ein Streben nach Selbstzerstörung und, daraus abgeleitet, eine Neigung zu Aggression und Destruktion.

Alexander Meschnig

Es ist nichts ungewöhnliches, wenn aus inneren individuellen Befindlichkeiten auf gesellschaftliche Relevanz geschlossen wird, wenn diese inneren Antriebe entsprechende Resonanz in der Gesellschaft erhalten, entwickeln sich Massenbewegungen. Auch das kollektive Unbewusste (C.G. Jung) ist ein ähnlicher Erklärungsansatz. Aber trifft die These Meschnigs auch zu?

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