Gottes Eigenschaften

Gläubige bezeichnen Gott meist als gut, liebevoll, gnädig, voller Erbarmen, allmächtig, allwissend … aber sind das nur Zuschreibungen an einen unbekannten Gott? Oder sind es Zuschreibungen an einen Gott, der von den Menschen selbst erfunden wurde? Die negative Theologie bestreitet, dass positive Aussagen überhaupt über Gott gemacht werden können:

Dies geschieht, indem ihm bestimmte Eigenschaften wie beispielsweise Güte oder Weisheit zugeschrieben werden oder indem er mit diesen Eigenschaften identifiziert wird (z. B. Gott ist gut oder Gott ist das Gute). Dabei werden Vorstellungen, die aus dem Bereich menschlicher Erfahrung stammen, auf Gott übertragen. Die negative Theologie lehnt eine solche Vorgehensweise ab und begründet dies mit der Behauptung, es sei prinzipiell unmöglich, bei positiven Aussagen Gottes absolute Transzendenz angemessen zu berücksichtigen.

Negative Theologie

Die Betrachtungen der Erkennbarkeit, bzw. der Nicht-Erkennbarkeit sind äußerst anregend und der Wikipedia-Artikel entsprechend empfohlen. Allerdings scheinen wesentliche gedankliche Einschränkungen der gesamten Denkhistorie zu fehlen.

Ausgangspunkt sind die Überlegungen von Platon, der grundsätzliche Probleme im Begreifen Gottes und damit jeder Aussage über Gott sieht. Dies ist wahrlich zutreffend und führt zu einer erstaunlichen Tiefe des Denkens von der Antike über das Mittelalter bis in die Neuzeit. Viele Kirchenlehrer werden als Vertreter dieses Ansatzes genannt:  Justin der Märtyrer,  Clemens von AlexandriaOrigenes,  Basilius der GroßeGregor von NyssaGregor von Nazianz,  Johannes Scottus Eriugena, Meister Eckhart,  Nikolaus von Kues,  Johannes vom Kreuz und viele mehr.

Hier kann nicht jeder Aspekt und Ansatz diskutiert werden, aber eine Kritik erscheint notwendig. Denn nicht nur die Nichterkennbarkeit Gottes mit den Mitteln menschlichen Denkens ist als notwendig erkennbar, sondern daraus folgt, dass auch die Grundlage JEGLICHEM Erkennens in Frage steht. Somit wird auch die Behauptung der Nicht-Erkennbarkeit fraglich, denn sie postuliert einen definierten Raum des Erkennens, dass die Anschauung Gottes ausschließt.

Dass der menschliche Verstand begrenzt ist und zwingend eine übergeordnete Existenz nicht zu beurteilen oder völlig zu durchdringen vermag, liegt auf der Hand und kann ist selbstevident. Dass aber damit Gott wiederum ein negativer Denkraum zugewiesen wird, ist genau so wenig angemessen wie allzu naive Vorstellungen. So bleibt unser Denken und Verstehen auf Grundlage von einem unidrektionalen Zeitablauf, der Kausalität und Logik gebunden. Wie soll damit die innere Verfasstheit eines Gottes, der die Zeit selbst und alles Seiende verursachte, verstanden werden?

Positive Offenbarung und Bilder

Im Besonderen betrifft das die Selbstoffenbarung Gottes. Wer von vorne herein ausschließt, dass Gott existiert und sich selbst den Menschen offenbaren kann, begeht den Fehler der Willkür, ein Wissen zu postulieren, dass er nicht haben kann. Er muss darum die Möglichkeit der Offenbarung als gegeben betrachten, auch wenn er diese in Zweifel ziehen kann.

Diese Selbstoffenbarung Gottes muss nicht notwendig sein inneres Wesen hinreichend begreifbar machen, sondern es genügt, die wesentlichen Elemente der Offenbarung zu beachten. Diese können bildhaft grundlegende Inhalte vermitteln, die ein vollständiges Begreifen der Gottheit keineswegs erforderlich macht. Aus dem Mitteilungscharakter der Offenbarung sind dennoch begrenzte Rückschlüsse zu ziehen. Der Ansatz des Mitteilungscharakters und das Mittel des Gleichnisses oder Bildes bleiben einerseits notwendig begrenzt, denn ein Gleichnis hat über die Mitteilungsabsicht hinaus keine Gültigkeit. Andererseits kann aber gerade das Bild wesentliche Aspekte vermitteln Mitzuteilende auch unter dem Vorbehalt einer wesentlich größeren Komplexität. Die intensive Nutzung von Bildern, die notwendig begrenzte Abbildung der Wirklichkeit sind, betont einerseits das Problem des Verständnisses der Realität in seiner expliziten Vollständigkeit, als auch den Mitteilungswillen trotz jener offensichtlichen Grenzen des Verstandes.

Stellen Sie sich ein Foto eines Menschen vor. Die abgebildete Person wird erkennbar durch einige Merkmale, obwohl das Bild zweidimensional bleibt und kein eigenes Leben beinhaltet. Das Denken und Fühlen jener Person kann bestenfalls erahnt werden, ggf. durch die persönliche Kenntnis des Betrachters. Kein Mensch käme auf die Idee, das Bild und die reale Person für wesensgleich zu halten, oder das Bild mit der Person zu verwechseln. Ein Bild kann nur wenige Aspekte der realen Person vermitteln. Weitere Analysen des Photos, der Chemie der Farben oder des Papiers, den Prozess, der Herstellung usw. bringen die abgebildete Person nicht näher, sondern lenken von den Fokus auf die Person ab.

Es bleibt die Frage nach dem korrekten Verständnis des Bildes und seiner Grenzen. Klar aber wird hier bereits, dass eine einfache Aussagelogik über Gott versagen muss. Solange das Bild aber nur das Symbol für Gott bleibt ohne den Anspruch, sich Gottes Wesen damit verfügbar zu machen oder vollständig zu beschreiben, steht es nicht im Widerspruch zu den Erkenntnissen der negativen Theologie.

Es bleiben allerdings erhebliche Zweifel, was denn nun als wahre Selbstoffenbarung Gottes angesehen werden kann. Natürlich gibt es Menschen, die alle Kandidaten jener Offenbarung prinzipiell ablehnen. Sie haben allerdings damit eben jenen dogmatischen Charakter wie jene, die einen beliebigen Offenbarungsanspruch für gültig erachten.

Viele unterschiedliche Mitteilungen, die einen Offenbarungsanspruch haben, unterscheiden sich allerdings erheblich. Einiges davon kann man unter dem Gesichtspunkt der Multiperspektivität dennoch harmonisieren, anderes verheddert sich in nicht auflösbaren Widersprüchen. Auch ist das menschliche Erkennen sowohl irrtumsbehaftet und zuweilen interessengetrieben, also Lüge. Wir können also festhalten, dass nicht alle Behauptungen einer Offenbarung auch zutreffend sind. Dies ist auch Gegenstand vieler biblischer Erklärungen und Bilder. Der Götze als selbsterfundene Gottesvorstellung kann einem menschlichen Bedürfnis, einer fehlgedeuteten Erfahrung, oder einem interessengeleitetes Machwerk entsprechen. Es wäre töricht, jenen Götzen zu folgen, die zudem ein Erkennen einer wahren Offenbarung im Weg stünden.

Aus der Tatsache, dass es menschengemachte Götzen gibt folgt nicht, dass alle Gottesvorstellungen notwendig Götzen sind. Vielmehr kann aus dem menschlichen Bedürfnis, eine Gottheit anzubeten, auf den Umstand zurück geführt werden, dass es einen wahren Gott gibt und es ein menschliches Verlangen gibt, diesen Gott zu erkennen … auch wenn dies offensichtlich zu vielen Irrtümern führt. Das aber stellt die Frage, warum sich Gott allen Menschen nicht hinreichend offenbart hat, dass sie ihn irrtumsfrei erkennen.

Biblische Grundlagen

Die biblische Antwort darauf liegt in der Heilsgeschichte. Diese lehrt eine grundlegende Ur-Offenbarung, die der Mensch allerdings schuldhaft zurück wies, um eigene Wege gehen zu können, in Trennung von Gott. Gott wiederum ließ diese Emanzipation des Menschen von ihm zu und gewährte ihm die Würde eines Eigenlebens als moralische Instanz. Er führte den Menschen durch eine Geschichte fortschreitender Offenbarungen schrittweise zu sich zurück, allerdings unter der Maßgabe der Freiwilligkeit in Liebe. Dies machte erforderlich, dass der Mensch von der Wucht einer überwältigender Offenbarung bewahrt werden müsste, denn damit wäre die Freiheit der Beziehung ausgeschlossen. Die Grundlage dieser Ansicht findet sich im Alten Testament.

Zum Einen stellt sich Gott als einer vor, der nicht durch Referenz auf Drittes beschrieben werden kann – nur die Selbstreferenz ist hier gültig:

13 Mose sprach zu Gott: Siehe, wenn ich zu den Israeliten komme und spreche zu ihnen: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt!, und sie mir sagen werden: Wie ist sein Name?, was soll ich ihnen sagen? 14 Gott sprach zu Mose: Ich werde sein, der ich sein werde. Und sprach: So sollst du zu den Israeliten sagen: »Ich werde sein«, der hat mich zu euch gesandt.

2. Mose 3

Im Hebräischen steht für HERR der Gottesname JHWH. Er wird in Vers 14 vom hebräischen Zeitwort für »sein« her gedeutet. Andere Übersetzungen schreiben: ‚Ich bin, der ich bin‘. Das hat im Kontext des überzeitlichen Gottes die gleiche Bedeutung.

Weitere Erklärungen liefert der Prolog des Johannes-Evangeliums:

1 Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. 2 Dasselbe war im Anfang bei Gott. 3 Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist.[Wörtlich: »Alles ist durch dasselbe geworden, und ohne dasselbe ist nichts geworden, was geworden ist.«] 4 In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen.

Johannes 1

Mit einfacher Aussagelogik ist diesem Text nicht beizukommen. Wort ist hier im Grundtext der Logos. Die Aussagen über Gott sind hier eher rätselhaft und geheimnisvoll, die in Harmonie zur negativen Theologie stehen, in dem sie sich der logischen Durchdringung verschließen.

Der Grund, warum es keine erschlagende Klarheit über Gott gibt, wird hier angedeutet:

19 Ich rufe heute den Himmel und die Erde als Zeugen gegen euch auf: Das Leben und den Tod habe ich dir vorgelegt, den Segen und den Fluch! So wähle das Leben, damit du lebst, du und deine Nachkommen,
20 indem du den HERRN, deinen Gott, liebst und seiner Stimme gehorchst und ihm anhängst!

5. Mose 30

Wenn der Mensch die Wahl hat, muss er eine Option haben, die Alternative zu wählen. Angesichts der Schwere der Wahl wäre es töricht, bei unzweifelhafter Klarheit, den Tod zu wählen. Wie sollte er Gott lieben können, wen dieser ihn überwältigt? Folglich muss das Vertrauen auf Gott und das Wagnis der Liebe eine Ungewissheit enthalten, die ihn erst zur Entscheidung ermächtigt.

Wir halten fest: Sowohl die Unfassbarkeit Gottes – gemäß der negativen Theologie -, als auch die Freiheit der Wahl erklären den unsicheren Zustand der Offenbarung hinreichend.

Mystik, Meister Eckhard und Philosophie

Das Geheimnis, dass durch die Nichterkennbarkeit Gottes deutlich wird, ist gekennzeichnet durch ein Undurchdringbarkeit und Unverfügbarkeit Gottes. Manche sehen darin den Kern der Mystik, die Wikipedia aber nur verkürzt beschreibt:

Der Ausdruck Mystik (von altgriechisch μυστικός mystikós‚ geheimnisvoll‘, zu myein ‚Mund oder Augen schließen‘) bezeichnet Berichte und Aussagen über die Erfahrung einer göttlichen oder absoluten Wirklichkeit sowie die Bemühungen um eine solche Erfahrung.

Mystik – Wikipedia

Nicht Sinneserfahrungen oder logischer Erkenntnisse sind hier Gegenstand, sondern ein Gewahr-Werden jenseits der bekannten Erkenntniswege, die als unzureichend erkannt werden. Es geht dabei nicht darum, dass die Logik und Rationalität durch ein magisches Weltbild ersetzt wird, sondern das die Ratio ihre Grenzen erkennt und sich der dieser übersteigenden Wirklichkeit öffnet. Die Ratio ist in diesem Sinn Wegbereiter der Mystik. Transzendenz ist der Ratio erkennbar in dem Sinn, dass der Urgrund des Seins eben nicht im Vergänglichen gefunden werden kann. Transzendenz bleibt aber damit hinter der Grenze der rationalen Durchdringung.

Die Mystik lehnt darum den Dogmatismus ab, der die Rationalität einhegen will, sondern will die Rationalität nicht mehr als Grenze der existenziellen Erkenntnis akzeptieren.

Gott ist für die mittelalterlichen Scholastiker das Objekt sowohl philosophischer als auch theologischer Erkenntnisbemühungen. Er soll einerseits über die Offenbarung und andererseits mittels der Vernunft erkannt werden. Eckhart unterscheidet nicht zwischen diesen beiden Herangehensweisen. Theologie und Philosophie bilden für ihn eine Einheit; weder ist die Philosophie der Theologie untergeordnet (Philosophia ancilla theologiae) noch sind sie wegen unterschiedlicher Methodik zu trennen. 

Meister Eckhart – Wikipedia

Eckharts Bemühungen, sich dem Geheimnis Gottes zu nähern, wurden zugleich als anregend wie missverständlich erkannt. Zu meinen, dass man sich dem Schrifttum Eckharts mit dogmatischer oder rationaler Systematik nähern kann, ist zum Scheitern verurteilt und offenbart lediglich das Missverständnis. Natürlich muss Sprache hier versagen wie das Bemühen, den Sand in einer Faust zu halten.

Eckhart bleibt jedoch bei der Feststellung der Überlegenheit des Wegs der Verneinung nicht stehen, sondern unterwirft auch ihn der Kritik. Positive Aussagen müssen unter dem Gesichtspunkt der Reinheit (puritas) ausgeschlossen werden, da sie Gott mit etwas Geschaffenem in Bezug setzen und so eine von vornherein verunreinigte Gottesvorstellung erzeugen; negative Aussagen sind unter dem Gesichtspunkt der Fülle (plenitudo) unzutreffend, insoweit sie etwas ausschließen, obwohl das Göttliche nichts verneint und ausschließt. Somit erweist sich für Eckhart sowohl der positive als auch der negative Weg als unzulänglich

Negative Theologie / Meister Eckhart – Wikipedia

Man kann Meister Eckhart nicht als einen Lehrer oder Häretiker verstehen, denn er kann das Unaussprechliche nicht lehren. Man kann seine Gedanken aber als Anregungen annehmen, selbst dem Geheimnis auf die Spur zu kommen, dass sich nicht erschöpfend in Worte fassen lässt.

Im Zeitalter der Aufklärung kommt die negative Theologie als Fundamentalkritik an der positiven ins Blickfeld, wobei ihr Ansatz für Zwecke der Religionskritik instrumentalisiert wird. David Hume fragt, worin denn ein „Mystiker“ (Anhänger der negativen Theologie), der von der absoluten Unbegreiflichkeit Gottes ausgeht, sich von einem Skeptiker (Agnostiker) oder Atheisten unterscheidet, der die erste Ursache für unbekannt und unverstehbar hält.

Negative Theologie / Frühe Neuzeit – Wikipedia

Manche Philosophen scheinen dem Ansatz durch Verkürzung ihrer Deutungsmuster nur Unverständnis entgegen zu bringen. Sie wollen nicht verstehen, dass die Ratio erkennbare Grenzen hat und meinen, dass alles, was sie nicht verstehen, auch nicht existent sei. Dass die Vertreter der Negativen Theologie in Demut keineswegs auf den Erkenntniswillen verzichten, sondern lediglich die Methoden des Rationalismus als prinzipiell für ungeeignet erkannten, scheint ihnen zu entgehen. Die Negative Theologie will sich lediglich gegen den Irrtum von Dogmatismus und Rationalismus bewahren.

Ludwig Feuerbach hin, der in seiner 1841 erstmals veröffentlichten Schrift Das Wesen des Christentums behauptet hatte: Die angeblich religiöse Scheu, Gott durch bestimmte Prädikate zu verendlichen, ist nur der irreligiöse Wunsch, von Gott nichts mehr wissen zu wollen, Gott sich aus dem Sinne zu schlagen; dies sei nichts anderes als ein subtiler, verschlagener Atheismus.

Negative Theologie / Moderne – Wikipedia

Erkenntnisse unter Vorbehalt

Das Problem lässt sich in Einklang mit dem Gesagten, aber auch aus direkter Herleitung ohne den Überbau am Beispiel verstehen. Gehen wir von dem Satz aus

Gott ist gerecht und gut.

Zum Ersten erscheinen dies Aussagen zunächst als nachvollziehbar oder kritikwürdig. Bei näherer Betrachtung ergeben sich weitere Schwierigkeiten: Was ist eigentlich Gerechtigkeit? Wenn Gerechtigkeit eine subjektive Meinung wäre, ist die Aussage eher beliebig und im Dickicht unterschiedlicher Vorstellungen letztlich bedeutungslos. Gibt es aber die absolute Gerechtigkeit, die vielleicht nicht vollständig vom Menschen erkannt wird, so könnte dies nur einen Sinn unter Vorbehalt machen. Denn wenn die Gerechtigkeit unabhängig von Gott existierte, also nicht von Gott geschaffen wäre, dann wäre Gott nicht der Ursprung von allem, sondern Gott wäre manchen Universalien untergeordnet. Woher kämen jene Universalien dann, wenn selbst Gott ihnen untergeordnet wäre?

Dagegen wäre die Aussage widerspruchsfrei, wenn Gottes Wesen die Gerechtigkeit sei. Demnach wäre Gerechtigkeit nicht Eigenschaft Gottes, den man sich auch ohne diese Eigenschaft denken könne, sondern die Gerechtigkeit untrennbar mit dem Wesen Gottes verbunden, die nicht von seiner Existenz getrennt werden kann. Letztlich zielt der moralische Gottesbeweis Kants genau auf diesen Sachverhalt.

Daraus folgt, dass es logisch nicht möglich sei, dass Gott ungerecht sei, oder dass er die Gerechtigkeit dispensieren könnte, zum Beispiel zu Gunsten der Gnade. Gerechtigkeit kann nicht von Gott getrennt werden. Lediglich der Eindruck, Gottes Handeln oder Sein sei ungerecht, kann diskutiert werden. Dies aber führt dann zu der Erkenntnis, dass ein Irrtum über die Gerechtigkeit oder die scheinbaren Sachverhalte vorliegen müsse, denn Gott kann per innerer Logik nicht ungerecht sein. Entsprechend der Begriff der Güte.

Im Besonderen sind die Begriffe der Liebe und des Lebens beachtenswert. So finden wir die erstaunlichen Formulierung im Neuen Testament:

Und wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat. Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm.

1. Johannes 4,16

Johannes wird sich bewusst darüber, dass Gottes Liebe nicht eine Verbindung zwischen zwei Objekten ist, sondern die Identität des Wesens Gottes mit der Liebe seinem Wesen entspricht. Liebe ist darum keine Eigenschaft, die auch ohne Gott gedacht werden kann, sondern Gottes Wesen ist untrennbar Liebe. Es handelt sich also nicht um eine Eigenschaft, die Gott haben könne oder nicht, die man sich wegdenken könne. Wer Gott ohne Liebe denkt, spricht von einem selbstgebastelten Götzen und hat Gott nicht erkannt. Derartige Aussagen mögen etwas zu fragwürdigen Gottesvorstellungen sagen, nichts aber zu dem realen Gott. Die Erkenntnis, dass Gott Liebe ist, bleibt aber eine Aussage von Symbolen, die ihre Bedeutung erst erhält, wenn man die Symbole mehr oder minder zutreffend mit Inhalt füllt.

Jesus spricht zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater als nur durch mich.

Johannes 14,6

Offensichtlich ist Weg ein Symbol, denn reale Wege sind offensichtlich von der Person Jesus verschieden. Wenn Jesus von sich selbst, als DEM Weg spricht, meint er offensichtlich eine grundlegende Befindlichkeit. Ausleger mögen seine Person als grundlegend für die Vereinigung von Gerechtigkeit und Gnade Gottes sehen, die ohne die Person Jesus zu unauflösbaren Widersprüchen führt. Verkürzte Deutungen könnten den Glauben an die Person Jesus als den Heilsweg reduzieren.

Wahrheit im Sinn einer Universalie kann nur die Gesamtheit der Existenz meinen. Sowohl im Sinn der Korrespondenztheorie der Wahrheit (Die Wahrheit ist die Summe ALLER zutreffenden Aussagen über die Realität), als auch im Sinn der Kohärenztheorie (Die Wahrheit ist das Filtrat aller kohärenten Sätze) ist die Wahrheit damit die vollständige Realität.

Das Leben ist ein seltsames Phänomen: Obwohl kein Wesen wahrhaft existiert, das nicht lebt, fällt es doch immer schwer, Leben jenseits der biologischen Funktion zu abstrahieren und einer existenziellen Befindlichkeit zuzuweisen. Diese Geheimnis des Lebens lässt sich erst durch die Liebe in Union mit Gott ansatzweise verstehen. Wenn Jesus hier beansprucht, mit dem Leben in seiner abstrakten reinen Form identisch zu sein, lösen sich die Begriffe der Eigenschaften auf. Ein Schimmer der Schau Gottes erscheint, die sich nicht rational fassen lässt und damit im Einklang mit den Ansätzen der negativen Theologie bleibt, reine Mystik ist und dennoch den Anschein positiver Aussagen hinterlässt. Erst das persönliche Verstehen kann die scheinbaren Widersprüche auflösen.

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