Ein Neologismus hat virale Verbreitung gefunden. Der Begriff Islamophobie ist klar negativ konnotiert. Offensichtlich meint er dass der Islam als weltanschauliche Lehre und seine realen Erscheinungsformen bedrohlich und angsterzeugend sei. In Wirklichkeit sei dies aber sachlich unbegründet, denn eine generelle Bedrohungslage existiere nicht. Eine Phobie ist, z.B. eine Klaustrophobie, eine panische Angst vor geschlossenen Räumen, von denen ja auch keine reale Gefahr ausgeht.
Welcher Art seien aber nun diese Ängste? Hier eine Differenzierung:
- Terrorismus: Bedrohungen von Leib und Leben, aber auch von enormen Kosten zur Bekämpfung jenes Terrorismus bis hin zu persönlichen Einschränkungen (Sicherheitskontrollen, Einschränkungen persönlicher Freiheiten, Steuerbelastungen) werden oft mit dem Islam assoziiert. Zwar gibt es auch Terrorismus mit anderen Motiven, aber der Islam als Motiv taucht in der Mehrheit der Fälle auf.
- Überfremdung: Muslimische Einwanderung bestimmt das öffentliche Leben und verändert das Straßenbild und Lebensgewohnheiten. Dies ist weniger direkt dem Islam als Lehre geschuldet, aber vielmehr der expansiven Vermehrungsstrategie, wie sie im Besonderen dem Islam zugewiesen wird – in Verbindung mit einer Segregation und Ausbildung einer Gegenkultur. Sofern dies in einer bunten Vielfalt geschehe, mag man dies auch als Bereicherung empfinden, aber eine empfundene Dominanz von Fremden lässt Zweifel an Heimat aufkommen.
- Politische Macht und Veränderung von Gesetzen: Ein stark steigender Anteil an Menschen, die einer erklärten Gegenkultur anhängen, wird auch zu dessen politischer Repräsentanz führen. Der Verdacht einer Usurpation wird durch bereits sichtbares Anpassen an viele Regelungen sichtbar. Es kann nicht folgenlos bleiben, wenn eine Bevölkerung, die sich mehrheitlich zum Islam bekennt, auch politische Macht ausübt. Hier sind Länder mit muslimischen Mehrheiten abschreckende Beispiele.
- Lebensgefühl und Zeitgeist: Bislang galt ein christlich-humanistisches Erbe, dass oft auch scharfer Kritik ausgesetzt war, in einer offenen postmodernen Gesellschaft mit Toleranz, Diskriminierungsfreiheit, sexueller Diversität und umfassenden Minderheitenschutz als Standard und im Grundgesetz verankert. Eine Rücksichtnahme auf des religiöse Empfinden vieler Menschen fand ausdrücklich nicht statt. Nun aber, mit der Lehre des Islam, der Respekt einfordert, ändert sich das Lebensgefühl, denn auch eine sachliche Kritik an den Lehren sieht sich einem Vorwurf der Islamfeindlichkeit gegenüber. Frauenrechte, Freizügigkeit, Respektierung von homosexuellen Lebensentwürfen … all das erodiert in muslimisch geprägten Millieus und droht, gesellschaftsprägend zu werden.
Ist es entweder nicht statthaft derartige Aspekte abzulehnen, oder sind die Befürchtungen nur eine reine irrationale Angst? Zunächst ein Befund aus den Veröffentlichungen:
Was unterscheidet „Islamfeindlichkeit“ von „Islamophobie“?
Laut den Wissenschaftlern zeichnet Islamophobie Folgendes aus: Der Islam wird als monolithisch und statisch, gesondert und fremd oder als aggressiv und minderwertig bezeichnet. In Deutschland prägten von 2002 bis 2010 die Arbeiten zu „Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ (GMF) den Begriff: Islamophobie wurde definiert als „Ablehnung des Islam und auch offene Feindseligkeit gegenüber Muslimen“.
Eine „Phobie“ ist eine krankhafte Angst. „Islamophobie“ unterstellt eine eher emotional begründete Abneigung gegen den Islam. Doch eine wirkliche Angst – wie die eines Opfers vor einem Täter – ist in Debatten über Muslime selten gemeint. Kritiker des Begriffs warnen davor, gefestigte Einstellungen als Emotionen zu verharmlosen.
Dieser Ansatz geht an den Bedenken, die viele Zeitgenossen teils emotional vortragen, teils wohl begründet formulieren völlig vorbei. Er hinterfragt nicht die Beweggründe, die zu einer Ablehnung das Islams als gesellschaftlich stark wachsendes Phänomen führen. Vielmehr wird hier nicht zwischen den Muslimen, als Menschen mit Bekenntnis zum Islam, und der Lehre des Islam völlig vorbei. Denn Menschen sind oft weit mehr als eine Ideologie, die man auch begründet scharf ablehnen kann. So sind Menschen keineswegs auf ihre Rolle als Träger einer unscharf umrissenen Ideologie zu identifizieren. In diesem Sinn wird dann auch Islamkritik verstanden:
Eine legitime „Islamkritik“ bedeutet eine sachliche Auseinandersetzung mit theologischen Fragen oder religiösen Praktiken im Islam. Doch in der Praxis wird das Label „Kritik“ häufig genutzt, um Vorbehalte zu verharmlosen. Kritik am Islam wird dann problematisch, wenn sie verallgemeinert und „den einen Islam“ verurteilt, anstatt Individuen und deren Handeln zu betrachten.
Bereits im Ansatz wird jede Kritik verdächtigt, unstatthaft zu sein und die Wirksamkeit einer einenden Grundlage des Islam bestritten. So gibt es zwar sehr wohl eine Vielzahl von Richtungen und Ausprägungen des Islam, aber es ist ein weitgehend übergreifender Kern, nämlich Koran und Sunna, weitgehend gleichermaßen anerkannte Grundlage. Auch säkulare Muslime neigen oft zu Solidarisierungen mit radikaleren Vertretern. Muslime distanzieren sich oft nicht von den Islamisten. Das ist zumeist Wunschdenken der postmodernen Gesellschaft, wie eine organisierte Demo in Köln zeigte, die eine sich von der terroristischen Gewalt distanzierende muslimische Gemeinschaft zeigen sollte. Anstelle der erwarteten 10 000 Teilnehmer erschienen etwa 1 000, von denen die Mehrheit Nicht-Muslime waren.
Wie sehr gerade diese Differenzierung gesellschaftlich erwünscht ist, Zeigt der Artikel aus der Zeit: Europäer unterscheiden zu wenig zwischen Islam und Islamismus
Dieser Artikel bezieht sich auf eine Studie, die nicht den Eindruck machte, dass sie ergebnisoffen einen Sachverhalt ergründen will, sondern dass sie wissenschaftlich verbrämen soll, was eben politisches Programm ist:
In Ländern wie Deutschland, der Schweiz oder Spanien ist die Wahrnehmung einer Bedrohung durch den Islam besonders stark ausgeprägt, wobei zwischen „dem Islam“ und islamistischem Terrorismus nicht hinreichend unterschieden wird.
Offensichtlich wird eine normative Vorgabe, was denn eine hinreichende Differenzierung sei, vorangestellt.
Der Islam wird überwiegend als gewalttätig, intolerant und repressiv wahrgenommen. Das Bild des Islam ist damit sehr viel schlechter als das der anderen großen Weltreligionen Judentum, Christentum, Buddhismus und Hinduismus. Die auch bei diesen Religionen gelegentlich vorhandenen extremistischen und repressiven Phänomene werden weitgehend übersehen.
Den Verfassern scheint es nicht aufgefallen zu sein, dass in einer überwältigenden Mehrzahl terroristischer Anschläge heute ein Bekenntnis zum Islam genannt wird, nicht hingegen zum Judentum, Christentum, Buddhismus oder Hinduismus. Eine Gleichbehandlung wäre demnach auch nicht angemessen. Im Gegenteil: Es gehört zum Standard, die christliche Geschichte im Kontext der Gewaltausübung zu kritisieren – weit mehr als es in der nicht minder gewalttätigen Geschichte des Islams bekannt ist.
Nach vielen weiteren Fragwürdigkeiten meint die Zeit:
5. Islamfeindlichkeit ist keine randständige Erscheinung, sondern sie ist ein „salonfähiger“ Trend, der mit dem Salon-Antisemitismus des 19. Jahrhunderts vergleichbar ist.
Zu Recht zitiert vermerkt dagegen Wikipedia:
Der These der Ähnlichkeit von Antisemitismus und Islamfeindlichkeit widersprach dagegen unter anderem Julius H. Schoeps, der argumentiert, es fehle der Islamfeindlichkeit an „parallelen Wahnvorstellungen“, also Entsprechungen zu etwa den Ritualmordlegenden und der Theorie des Weltjudentums.[24] … Ein weiteres Argument gegen den Vergleich ist die Aussage, dass im Gegensatz zu Juden von einigen Muslimen tatsächlich reale Gewalt und Terrorismus unter explizitem Hinweis auf die Religion ausgehe.[16] Die Frankfurter Allgemeine Zeitung führt an, es wäre falsch zu behaupten, „dass der Islam selbst und das Verhalten der Muslime keinen Anteil daran haben, dass negative Ansichten über sie entstehen. Juden haben nie Terrorangriffe auf Zivilisten durchgeführt, Fatwas gegen Cartoonisten ausgesprochen, die krummnasige Rabbis gezeichnet hätten, oder öffentlich zum Ziel erklärt, den europäischen Kontinent zu ‚erobern‘, wie das prominente muslimische Vertreter wiederholt getan haben. Jüdische Schulen haben ihre Zöglinge nicht mit Hass auf die westliche Zivilisation indoktriniert“.[25] Henryk M. Broder fügte hinzu, dass Antisemitismus „auf hysterischen Ängsten, Erfindungen, Projektionen und Neidgefühlen“ beruhe, während die Islamkritik „eine reale Basis“ habe, „die jedes Vorurteil über die dem Islam innewohnende Toleranz in ein gefestigtes Urteil“ verwandle.
Der Antisemitismus-Vergleich entbehrt somit weitgehend der Grundlage. Wiewohl nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine allgemeine Fremdenangst sich auch in starken Ressentiments ausdrücken kann, und auch in Hass und Gewalttaten umschlagen kann, so ist hier keine spezifische Angst vor Muslimen jenseits einer durchaus begründeten Kritik erkennbar.
Ein beachtlicher Aufsatz greift auch dieses Thema auf:
Nationalismus und moderne politische Rechte: Warnende Vorboten eines neuen Nationalsozialismus?
Die vorwiegend im Nahen Osten herrschende unzumutbare Intoleranz gegenüber Minderheiten und Nichtgläubigen wird im Namen des Islam ausgetragen, welcher dort in nicht-säkularer, konservativer Form praktiziert wird. Die Erwähnung dieser Tatsache wird von Befürwortern der „offenen Grenzen“ oft als provokativ empfunden. Die implizite „Beschuldigung“ des Islams diffamiere die Religion und verstoße gegen die Religionsfreiheit; stigmatisiert werden Kritiker als „islamophob“.
Selbstredend sind derartige Vorwürfe, wie wohl sie sich auch stereotyp ereignen, unzulässig. Allerdings muss man den Ausführungen im Weiteren keineswegs stets folgen:
Die unfreiwillige Anpassung an die Werte und den Lebensstil eines kulturell vollkommen anders eingestellten Kontinents kann, wenn überhaupt, nur durch ein intensives und individualisiertes Integrationsprogramm gelingen.
Warum sollte es überhaupt eine unfreiwillige Anpassung geben? Ist nicht viel mehr dann die Berechtigung zu hinterfragen, warum eine Migration erfolgte, wenn man eben keine freiwillige Anpassung wünscht, anstatt eine unfreiwillige Anpassung zu propagieren? Entsprechend sind dann auch Integrationsprogramme weitgehend überflüssig, wie man aus vielen Erfolgsgeschichten der Integration lernen kann. Es ist selten ein guter Ratschlag, Menschen zu ihrem Glück zwingen zu wollen. Dagegen kann Eigeninteresse sehr wohl Vieles möglich machen. Hilfen zur Integration können nur als Zusatzangebote sinnvoll sein.
Zwar ist bei der Integration der beidseitige Einsatz erforderlich, doch die Anerkennung des Integrationswillens seitens der Inländer setzt die Integrationsbereitschaft des Migranten voraus. Ohne Integrationswillen und eigenständigen Einsatz droht Integration zu scheitern.
Diese an sich richtige Beobachtung ist aber noch wesentlich zu schwach. Denn auch der Preuße, der im bayrischen Hinterland wohl kaum mit offenen Armen empfangen wird, kann sich mit einem entsprechenden Einsatz durchaus Respekt verschaffen. Warum sollte das für einen anderen grundsätzlich verschieden sein?