Wissenschaft und Erkenntnis

Was kann Wissenschaft leisten? Kann uns die Wissenschaft retten? Oder zumindest uns Wegweisung geben, dem kollektiven Tod von der Schippe zu springen?

Die Wissenschaftstheorie ist ein Sonderfall der Erkenntnistheorie. Die Fragestellung und Geistesgeschichte dazu kann Bände füllen. Hier will ich nur einen kleinen Beitrag am Beispiel liefern. Unter Wissenschaft wird oft die objektive Erkenntnis verstanden. Nämlich das intersubjektiv Nachprüfbare. In der Regel werden entweder aus Beobachtungen Hypothesen aufgestellt, und diese dann systematisch untersucht (deduktiver Ansatz), oder die Hypothese wird zum Ausgang genommen, um diese der empirischen Prüfung zu unterziehen (induktiver Ansatz).

Die gesicherte Erkenntnis gilt so lange über den Zweifel erhaben, wie sich nicht falsifizierende Fakten finden. Aber auch dann gilt eine Aussage – zumindest seit Popper – nur dann als wissenschaftlich, wenn sie denn auch prüfbar, bzw. falsifizierbar ist. Wissenschaft erfreut sich hohem allgemeinen Vertrauenes – auch bei Laien, die diese Behauptungen weder verstehen, noch überprüfen können. Das Vertrauen wird mit der Anerkennung als Wissenschaftler gewährt.

Oft allerdings können Wissenschaftler keineswegs schlüssige Belege liefern sondern werden dann als Experten um ihre Meinung befragt. Und wenn das Wort des einzelnen Wissenschaftlers eben noch nicht hinreichend überzeugend ist, wird ein Konsens der Wissenschaft bemüht. Dieser Konsens soll dann den Beleg und das Argument ersetzen, er wird zum Vertrauensstifter. Da es aber gruppenspezifisches Verhalten gibt, Ideologien, die Breitenwirkung haben. Medien, die eine verkürzte Populärwissenschaft verbreiten und vieles mehr, die grundsätzliche Zweifel an einer oft weit spekulativen Wissenschaft begründen.

Ein aktuelles Beispiel: In Nachrichten wird jedes Indiz eines möglichen erdähnlichen Planeten oder Wasser auf dem Mars als Top-News präsentiert stets mit dem Verweis, dass es da wohl Leben im All geben könne. Es gilt fast schon als wissenschaftlicher Konsens, eben jenes Leben im All zu erwarten. Dagegen verliefen alle Versuche, das Leben im Detail und seine Entstehung zu verstehen, sehr ernüchternd. Wir wissen nicht erst seit Jaques Monod von der außerordentlichen Komplexität selbst einfachen Lebens. Alle Versuche, die natürliche Entstehung zu beschreiben, scheiterten daran grandios. Aber diese einfache Darstellung wird im Allgemeinen dem wissenschaftlich Interessierten verschleiert. Da man aber seit den Miller-Urey-Experimenten trotz tausendfacher Versuche nicht wesentliche weiter gekommen ist spricht man nun immer weniger von chemischen Evolution, und präsentiert eine höchst unwahrscheinliche These als Stand der Wissenschaft mit dem Verweis, dass man eben keine schlüssiger Theorie habe, darum sei eben jene plausibel.

Trotz des gesicherten Wissens, dass wir keine schlüssige Erklärung für die Entstehung des Lebens haben, glaubt man unentwegt, dass auf jenen fernen Planeten aus wissenschaftlichen Gründen Leben zu erwarten sei, oder eben nicht auszuschließen wäre. Tatsächlich haben wir eben gerade keine Gründe dieses oder jenes zu glauben. Ebenso könnte man mit besserer wissenschaftlicher Begründung und mit Jaques Monod als Anwalt glauben, dass die Wahrscheinlichkeit, irgendwo im Weltall Leben zu erwarten, praktisch bei Null sei. Tatsächleich weiß niemand, ob es jenes Leben gibt, und vermutliche würden wir auch nie erfahren, wenn es das trotzdem gibt. Aber die Wissenschaft kann dazu wenig sagen.

Klimawandel – das eigentliche Problem

Viel bedeutsamer als die Frage, ob es irgendwo Leben im All gibt, ist die AGW-Hypothese: Anthropgenic Global Warming. Denn dies könnte nach Ansicht einiger Wissenschaftler zum größten Problem der Menschheit werden, während andere diese entweder für marginal, nicht existent oder völlig ungesichert halten. Davon ausgehend werden Maßnahmen diskutiert, die uns vor diesen Problemen bewahren sollen.

In dem Artikel Zeitgeist und Klimawandel habe ich mich mit Schwerpunkt Ethik und Moral des Themas bereits angenommen. Hier will ich einige erkenntnistheoretische Aspekte anreißen. Doch zuerst eine Kurzdarstellung der AGW-These:

  1. Durch die besonderen Strahlungseigenschaften der Atmosphäre, im Besonderen durch die Anteile von CO2, Methan und Wasserdampf, ist die Godennahe Atmosphäre relativ warm
  2. Wird die Zusammensätzung der Atmosphäre verändert, führt das global zu einer Erwärmung oder Abkühlung der bodennahen Luft und Oberfläche (Prantl-Schicht, lower Troposphere)
  3. Der Mensch hat durch sein vielfältiges Wirken einen Einfluss auf das Klima, u.a. sorgte er für einen starken Anstieg des CO2 Gehaltes. Von 280 ppm  auf 400 ppm, Tendenz weiter steigend.
  4. Durch einen weiteren menschengemachten Anstieg der Temperaturen kommt es zu allerlei Katastrophen, die es zu verhindern gilt . Hier ist kein Konsens der Wissenschaften.

Offensichtlich gibt es unterschiedliche Grade an Gewissheiten. Außen vor bleiben für gewöhnlich die Möglichkeiten des Solipsismus, in dem die Welt vollständig Projektion ist, oder lediglich als unbedeutender Schein ist. Man geht in den Wissenschaften auch nicht davon aus, dass wir möglicherweise in einer Computer-Matrix leben, sondern dass es in der Welt mit rechten Dingen zugeht. Eben jene Realität ist stabil und wir sollten sie besser verstehen, um mit ihr gut leben zu können.

Was davon ist nun gewiss, und was umstritten?

Lehrbuchwissen

Die Physik hat bereits viele Zusammenhänge der Natur gut verstanden. Bekannt und wenig strittig ist z.B. die newtonsche Mechanik, auch wenn diese durch Relativitätstheorie und Quantenmechanik in ihrem Gültigkeitsbereich beschränkt ist. Durch Versuche können die in Formeln beschriebene Zusammenhänge überprüft werden. Zuweilen muss auch Lehrbuchwissen nachgebessert werden, aber davon ist zumeist nicht auszugehen. Kurz: Lehrbuchwissen ist in hohem Masse gewiss. Es ist überflüssig zu sagen dass es dazu einen Konsens gibt. Man braucht keinen Konsens, wenn man belegte Zusammenhänge kennt.

Hier relevantes Lehrbuchwissen sind die Gasgesetze und Adiabatik, die Strahlungsgesetze nach Kirchhoff und Planck, die frequenzabhängige Absorption und Emission von Festkörpern, Flüssigkeiten und Gasen, der Strahlungstransfer und Wärmestrom und einiges mehr.

Auch einige Fakten, wie dass etwas 90% des Eises auf der Erde in der Antarktis ruhen und etwa 7% im grönländischen Eisschild gespeichert sind zählen zum Lehrbuchwissen.

Dennoch gibt es hier einige Totalverweigerer, die jenes Wissen zumeist nicht verstanden haben. Sie zweifeln oft nicht nur an den beschriebenen Zusammenhängen, sondern auch an den Messungen. Zuweilen werden Verschwörungstheorien kommuniziert, die meinen, dass Messgeräte-Hersteller weltweit tricksen würden, um die Menschen hinters Licht zu führen. Der Begriff ‚Leugner‘ ist hier wahrscheinlich am ehesten passend, wie wohl ich diesen ablehne.  Jene Totalverweigerer versuchen sehr wohl zu argumentieren, aber die Argumente erweisen sich nicht als stichhaltig.

Konsens

Der oft verwendete Begriff des Konsens unter den Wissenschaften bezeichnet eine deutlich geringere Gewissheit, die aber dennoch allgemein akzeptiert gilt. So geht man allgemein davon aus, dass sich die Erde in den letzten 150 Jahren um 0,8 °C erwärmt hat. Dies Angabe ist bei weitem nicht so sicher, denn die Temperaturaufzeichnungen und die Proxies lassen gewisse Deutungsspielräume zu. Thermometer mögen Messfehler haben, der Aufstellungsort des Messstellen hat sich lokal verändert – der Urban Heat Increase UHI – führt zu anderen Werten obwohl der globale Einfluss gering ist … und vieles mehr. Dennoch akzeptiert man, dass gewisse Trends im großen Ganzen so sind wie zumeist berichtet.

Zum Konsens zählt auch, das in den letzten Jahrzehnten deutliche Eisreduktionen  am Grönländischen Eisschild zu verzeichnen sind. Kein Konsens besteht dagegen, ob der antarktische Eisschild ebenso Massenverluste aufweist.

Dissens

Im öffentlichen Diskurs wird der behauptete Konsens weit über den real gut begründeten Konsens hinaus bestünde. Damit wird die Deutungshoheit zu umstrittenen Fragen beansprucht und politische Wirkung erreicht. Es handelt sich aber oft lediglich um eine Propagandatechnik, die darum verfängt, weil das Wissen um die Sachverhalte komplex ist und eine Einschätzung der Realität meist jenen Autoritäten überlassen wird, denen man jene Kompetenz zutraut.

In der Fachdiskussion gibt es aber in weiten Teilen keinen Konsens, dennoch wird dieser Sachverhalt verschleiert. Die Bereiche, in denen es einen klaren Dissens gibt sind z.B.:

Klimasensitivität

Wie stark ist der Zusammenhang zwischen einem erhöhtem Anteil von CO2 und der Erderwärmung? Dieser wird ausgedrückt als die Erwartung eines Temperaturanstieges bei Verdoppelung des CO2 Anteils, z.B. von 280 ppm auf 560 ppm.

Wikipedia ist für viele eine erste Informationequelle, aber gerade bei umstrittenen Fragen mit Vorsicht zu rezipieren. Denn durch die Bedeutung wird eine gewisse Deutungshoheit damit ausgeübt. Darum bemühen sich auch die Parteien um einen Einfluss auf dessen Formulierung. Die dominierende Partei setzt dann die Darstellung, auch wenn sich Wikipedia um eine weltanschauliche Neutralität bemüht.

So schreibt es:

Der wahrscheinlichste Wert für die TCR liegt bei ca. 2 Grad nach 70 Jahren.

Dabei schreibt der AR5 des IPCC für den ECS einen Bereich von 1,5 bis 4,5 Grad, bei dem sie ausdrücklich keinen wahrscheinlichsten Wert angeben. Die Angaben des IPCC sind aber keineswegs der Konsens der Wissenschaft schlechthin, sondern eine Vereinigung, die stark politisch getrieben ist. ECS und TSR können sich leicht unterscheiden, sind aber aneinander gekoppelt.

Es gibt gerade in jüngerer Zeist wissenschaftliche Studien, die einen Wert unter 1,5 Grad ermitteln. Es ist darum unseriös, einen wahrscheinlichsten Wert zu propagieren, wenn es divergente Forschungsergebnisse gibt. Woran sollte hier eine Wahrscheinlichkeit ermittelt werden?

Am bekanntesten unter den abweichenden Ergebnissen sind die Ergebnisse von Lindzen und Choi, die einen Wert um 0,5 °C ermitteln, Auch Hardes Abschätzung liegt in diesem Bereich. Mehrere andere Forschungsergebnisse liegen zum Teil noch darunter, viele liegen im Bereich zwischen 1 – 1,5 °C.

Handelt es sich hier nicht um eine rein akademische Fachdiskussion? Das wäre durchaus wünschenswert, aber dieser Zusammenhang hat zentrale Bedeutung, denn dieser drückt aus, ob wir überhaupt einen kritischen Einfluss auf die Klimaentwicklung haben oder nicht. Falls die Klimasensitivität bei 1,5 oder deutlich darunter liegt, ist die AGW Hypothese als extrem teure Hysterie aufzufassen, die keineswegs vor einer realen Katastrophe bewahrt. Warum sollten Tausende von Billionen Euro ausgegeben werden, um ein 2-Grad-Ziel zu erreichen, wenn es gar nicht wahrscheinlich ist, dass diese Marke überhaupt erreicht werden kann?

Empirie, Komplexität und  Klimamodelle

Die Problematik ergibt sich darin, dass man die kritischen Werte eben nicht einfach messen kann. Die Klimaaufzeichnungen und Ermittlung globaler Trends erweisen sich als kontrovers … in einem Folgeartikel werde ich darauf näher eingehen.

Aber selbst wenn man eine Temperaturreihe globaler Temperaturen für verlässlich hält, wird daraus noch keine zwingende Aussage zu den Gründen unumstritten erkannbar. Denn im Wettergeschehen zeigen sich enorm viele wechselnde Einflüsse. Klima und globale Veränderungen über längere Zeitreihen sind darum auch mit aktuellem Lehrbuchwissen nicht einfach herleitbar. Dazu wurden Klimamodelle – sogenannte GCM Global Circulation Modells – entwickelt, die die Interaktion unterschiedlicher Aspekte und deren Wechselwirkungen abbilden soll. In der öffentlichen Diskussion wird darum anstell von empirischen Daten oft mit den Modellergebnissen argumentiert, die eine kommende Katastrophe behaupten.

Judith Curry, eine anerkannte Klimawissenschaftlerin mit über 180 Publikationen zum Thema, diskutiert viele derartige Aspekte in ihrem Blog. Eine ihrer jüngsten Publikationen behandelt dieses Thema CLIMATE MODELS for the layman Darin kommt sie zu dem Ergebnis, dass GCMs nicht das leisten können, was man von ihnen erwartet. Kurz: Es gibt keinen Konsens zu den Klimamodellen. Die Zukunft des Klimas bleibt ungewiss.

 

 

 

 

 

2 Gedanken zu „Wissenschaft und Erkenntnis“

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