Politik und Wirtschaft … sind das Themen für Philosophen? Oder sind es viel zu prophane Themen? Oder ist das nur was für Fachleute? Hier habe ich einer Expertenrunde – Prof. Dr. Max Otte, Prof. Dr. Jörg Meuthen, Richard Sulik – zugehört. Einige Aspekte sind natürlich auch Themen für wirtschaftliche Laien … ich habe die Runde und die damit verbundenen düsteren Erwartungen zum Anlass genommen einige grundlegende Themen aufzugreifen. Denn die Lebensbedingungen werden von den Volkswirtschaften, die massiv von den Währungen bestimmt werden. Sie bestimmen zunächst, wie groß der Kuchen ist, den man dann verteilen kann und muss. Fragen nach gesellschaftlicher Ordnung, im Besonderen der Sozialstaat, die sich mit der Verteilung beschäftigen, unterschätzen meist das Problem, dass die Substanz der Wirtschaft eben nicht konstant ist.
Weitere Fragen: Wie verlässlich sind die Experten? Muss man sich einfach nur andere Experten suchen, die was anderes sagen, das eher dem entsprechen, was man selber denkt? Auch dies soll am gegebenen Beispiel diskutiert werden. Zu guter Letzt soll die Frage nach den Zukunftsängsten und der Umgang damit untersucht werden. Interessiert?
Themenkreis: Wirtschaft, Lebensbedingungen und Selbstverständnis
Ist die Frage nun: Sein oder Nicht-Sein? oder: Haben oder nichts haben? stimmt es wenn Brecht sagt: Erst kommt das Fressen, dann die Moral?
Auch für moderne Öko-Bewegungen gilt die Konsumfreiheit und Konsumverzicht eines Diogenes als Ideal, auch wenn die wenigsten sie halbwegs praktizieren. Denn für die Meisten gilt eher das Motto
Ortega y Gasset: Der Mensch will nicht nur Leben, nein er will gut Leben.
Jede Philosophie sollte zu den Interessen kohärent sein. Ob man nun die Philosophie unter Berücksichtigung der eigenen Interessen aufbaut, oder ob die Philosophie die Interessen bestimmt: Beide sollte zusammen passen. Das Streben nach Wohlstand ist darum keineswegs verwerflich oder minderwertig, sondern ein legitimes Interesse. Daran zu arbeiten, sich mit Fleiß mühen, Härten in Kauf nehmen, kluge Ideen zu entwickeln und richtige Entscheidungen für sein persönliches Leben zu treffen ist aber nicht die ganze Geschichte. Die politisch-wirtschaftlichen Rahmenbedingungen tragen erheblich dazu bei, das ganze Mühen zum Erfolg zu verhelfen, oder dieses letztlich als erfolglos zum Scheitern zu verurteilen. Ob die Währung und Staatsfinanzen funktionieren oder nicht, ist für den eigenen Wohlstand und das Lebensempfinden von großer Bedeutung.
Die o.g. Expertenrunde ist nun einhellige der Ansicht, dass ein großer Crash bevor steht, weil das Konstrukt Euro und Wirtschaftsgemeinschaft nicht auf dauer funktionieren kann. Werden wir auch in der möglicherweise kommenden Krise noch die sein, als die wir uns heute verstehen? Werft das schon Schatten im Vorraus? Können wir noch gegensteuern, oder müssen wir das gar? Oder sollen wir uns schlicht für die Krise vorbereiten? Oder lieber doch unbesorgt unser Leben genießen, so lange es geht?
Themenkreis: Experten und die Objektivität
Doch halt: Sind es nicht nur Unkenrufe? Propheten des Untergangs, der nie eintritt? Gibt es nicht auch Experten, die das völlig anders sehen? Was ist nun richtig?
Anders als in den Naturwissenschaften, in denen ein wiederholbares Experiment die Plausibilität bis hin zur Gewissheit steigern kann, ist es in der Ökonomie, im Besonderen der Nationalökonomie / Volkswirtschaftslehre, nicht so, das man hier unbeschadet Experimente machen kann. Auch dürfte bei der Vielzahl von Faktoren die Theoriebildung nicht sehr robust sein. Denn wenn auch diverse Wirkzusammenhänge gut belegt sind, ist die Möglichkeit, dass andere Faktoren diesen Zusammenhang überkompensieren. Dennoch: Experten und Fachleute haben einen breiteren Überblick über jene Faktoren und können sehr wohl zu fundierten Ansichten kommen. Warum unterscheiden sich diese dann so oft, ja kommen zu oft gegensätzlichen Meinungen? Kann man dann nicht einfach eine genehme Expertenmeinung nutzen?
Die Realität ist dagegen nicht wählerisch und richtet sich selten nach den Expertenmeinungen. Entweder, diese sind korrekt oder sie sind falsch. Wissenschaft ist, wenn man versucht, den Irrtum zu reduzieren. Darum zählt die Expertenmeinung auch nur so viel, wie sie durch robuste Argumente gestützt wird. Auch nicht die Anzahl der Experten spielt da keine entscheidende Rolle, denn oftmals konnten gerade Außenseiter trotz gegensätzlicher Mehrheiten zeigen, das sie im recht waren. Oft aber sind Außenseiter schlicht neben der Spur.
Darum bleibt es dem Laien auch zur Aufgabe, die Argumente der Experten selbst nachzuvollziehen und diese ggf. mit gegensätzlichen Meinungen abzugleichen. Einige wesentliche Argumente aus der Expertenrunde:
- Die Schuldenlast der EZB und der Targetsalden wachsen ins unermessliche. Das kann nicht unbegrenzt gut gehen.
- Die Sparzinsen und Geldanlagen für die Alterssicherung, einschließlich Kapitallebensversicherung liegen unter der Inflationsrate. Neben einem kontinuierlichen Wertverlust und ausbleibenden Erträgen droht beim Crash ein hoher Verlust und unsicherheit für das Alter.
- Der Sozialstaat ann das hohe Niveau nicht unbegrenzt halten. Notwendige Investitionen an anderer Stelle unterbleiben bereits.
Was sind nun dazu die Argumente jener, die die Lage keineswegs so ernst sehen? Mir sind keine direkten Antworten bekannt. Sie weisen auf andere Parameter, nämlich dass es uns zur Zeit doch gut gehe, die Arbeitslosigkeit so niedrig wie schon lange nicht mehr sei, und die Wirtschaft weiter wachse. Aber das Ausblenden der Zunkunftprobleme kann damit nicht weggewischt werden. Die düstere Zukunft, von denen die Experten nicht genau sagen konnten, wann der Crash mit unüberschaubaren Folgen kommt, wird dadurch nicht besser.
Themenkreis: Zukunftsängste
German Angst ist bereits im internationalen Sprachgebrauch ein geflügeltes Wort geworden. Deutsche neigen wohl besonders zur Panik vor echten oder erfundenen Gefahren. Aber Angst ist keineswegs stets krankhaft, denn sie kann versuchen, realen Gefahren zu entgehen oder die Folgen negativer Ereignisse zu minimieren. Kontraproduktiv ist dagegen, wenn man sich emotional in eine Lähmung oder Depression angesichts von Gefahren bringen lässt. Das gilt für reale Gefahren, aber nich viel mehr für nur phantasierte Gefahren oder solche, deren Schadenspotential eher gering ist.
Maßnahmen zum Gegensteuern sind grundsätzlich zu begrüßen, aber diese sind in der Regel mit Aufwand verbunden. Manche haben sogar einen exorbitanten oder gar grenzenlosen Aufwand verbunden und der Nutzen ist mitunter marginal oder gar kontraproduktiv. Im Besonderen sind geringe oder gar rein phantasierte Gefahren, deren Verhütung das ganze Leben verändert, sehr negativ zu bewerten. Zuweilen entsteht der Verdacht, dass sich die Fokussierung auf eine Gefahrenabwehr immer weniger mit der vermeintlichen Gefahr zu tun hat, sondern ein Eigenleben zur Sinnstiftung religiöser Dimensionen entwickelt. Betrachten wir einige der Gefahren und deren Reaktionen:
Gefahr: Wirtschaftlicher Zusammenbruch
Wie im Expertengespräch gezeigt besteht die massive Gefahr eines wirtschaftlichen Zusammenbruchs in den nächsten Jahren. Dies erscheint nahezu unausweichlich. Ein Gegensteuern könnte lediglich die negativen Konsequenzen mildern. Statt dessen vergrößert man weiterhin das Problem, in dem man die bestehende Ordnung durch weiteres Schuldenmachen und wilde Rettungsaktionen stützen will. Dies ist aber nur möglich, in dem man weitere Hypotheken für die Zukunft aufnimmt, die dann immer unlösbarer werden. Man hofft schlicht darauf, dass es schon irgendwie gut geht, nach uns die Sintflut.
Sind es nur eben Konjunkturzyklen, die auf die Hausse eine Baisse folgen lassen? Notwendige Anpassungsprozesse, die eben nie schmerzlos vorübergehen? Oder ist der weltweite Kurseinbruch an den Börsen doch bereits die Vorzeichen einer tiefgreifenden Depression? So wenig wie eine Dürre oder ein Sturm ein sicherer Indikator des Klimawandels ist, so wenig taugt ein Kurseinbruch als verlässliches Zeichen. Aber die Perspektiven bleiben so oder so düster. Denn die wirtschaftliche Stärke basierte auf einer gut funktionierenden Wirtschaft, aber sowohl hinsichtlich Fleiß und Arbeitsmoral, als auch auf findige Ingenieurskunst, gepaart mit einer stabilen Infrastruktur waren einmal die Erfolgsfaktoren in der internationalen Konkurrenz. Auf nahezu allen Felden sind Rückgänge zu verzeichnen. Der Automobilindustrie geht es mittels immer weiter überbordender Emisssionsvorgaben an den Kragen, und für Elektromobilität werden die Karten neu gemischt. Es gab in der Weltgeschichte stets dominante Kulturen, die mal langsam, mal schnell niedergingen und von denen die Geschichte nur noch wenig weiß.
Hier hat man schlicht zu wenig Zukunftsängste, obwohl diese gut begründet in naher Zukunft auf uns lauern. Vorbereitungen darauf sind nur eingeschränkt möglich. Aber man sollte den Handlungsspielraum seitens der Politik nutzen, die Problem zu reduzieren und nicht weiter anwachsen zu lassen. Der Wähler trägt durch seine Wahlentscheidung die Verantwortung mit.
Gefahr: Luftverpestung
Diese Gefahr scheint in den Medien und der Politik weit präsenter. Wegen Feinstaub und Stickstoffdioxid, aber auch andere Emissionen wird nicht nur set jahrzehnten gearbeitet und es wurden auch beachtliche Erfolge zur Schadstoffreduktion erreicht. Dennoch bleiben diese hinter noch ambitionierteren Vorgaben zurück. Es geht schon lange nicht mehr um das Prinzip, sondern um die Quantität. Auch wenn die Lebenserwartung weiter steigt, Krankheiten zurückgehen und eine echte Gesundheitsgefährdung nicht erkennbar ist, will man mit drastischen Maßnahmen die Wirtschaft weitgehend umbauen, Dieselfahrverbote verhängen und Schlüsselindustrien massiv belasten … was allerdings die Gefahren von einem wirtschaftlichen Zusammenbruch wachsen lässt.
Mangels Argumenten, sondern nur um fragwürdige EU-Grenzwerte zu erfüllen, wird ein wesentlicher Teil der öffentlichen Aufmerksamkeit, volkswirtschaftlicher Mittel gebunden, die darum für die Abwehr anderer Gefahren nicht mehr zu verfügung stehen. Zukunftsängste vor verpesteter Luft ist aber bei den wenigsten ein Merkmal, aber die Angst, den Lebensstil mit eigenem Auto nicht mehr fortführen zu können, wird politisch kaum wirksam.
Gefahr: Klimawandel
Für viele Zeitgenossen ist der Klimawandel beängstigend, das ende der Welt droht. Damit löst dieser die Angst vor dem Atomkrieg, der allgemeinen Umweltzerstörung, dem Waldsterben und dem Supergau ab. Immerhin wird im Zeichen der Klimarettung und Energiewende sehr viel Geld ausgegeben und auch bei Wahlentscheidungen scheint dieses Thema eine wichtige Rolle zu spielen.
Dabei bleiben die Fakten, dass es diese Gefahr real ist, eher dürftig. Unbestritten ist, dass sich das Klima schon immer änderte. Ebenso unbestritten bleibt, dass der Klimawandel auch vom Menschen beeinflußt wird. Kritisch ist dagegen die Frage, ob der Klimawandel überwiegend vom Menschen verursacht wurde und ob dieser denn tatsächlich negativ ist. Denn wenn z.B. durch einen großen Vulkanausbruch die Erdtemperatur sich bald dramatisch abkühlen wird und mann von der Klimaerwärmung dann profitiert, oder ob durch Zyklen eine neue kleine Eiszeit ins Haus steht, die durch den höheren CO2-Anteil abgemildert wird, bleibt völlig offen.
Die oft wiederholte Behauptung, dass der Klimawandel als menschengemacht und gefährlich gelte und 97% der Fachwissenschaftler dies meinen würden, wird durch eine nachweislich fehlerhafte Studie behauptet. Aber selbst wenn dem so wäre: Wieviele Wissenschaftler zur Zeit Galileos waren der Ansicht, dass die Sonne um die Erde kreist? Hatten sie recht, weil sie die überwiegende Mehrheit darstellten?
Aber selbst wenn alle Vorbehalt unzutreffend wäre und der Klimawandel tatsächlich menschengemacht und gefährlich sei: Können wir diesen wirklich mit unseren Maßnahmen aufhalten, oder sind die Grenzen zur Unumkehrbarkeit, wie schon oft behauptet, bereits überschritten? Die Energiewende hat trotz enormen Aufwand und Naturzerstörung durch massenhafte Windkraftanlagen etc. nur marginale CO2 Einsparungen gebracht, de im Vergleich mit den vermeintlichen Gefahren geradezu lächerlich wirken und durch den Anstieg der CO2-Emissionen in anderen Ländern weit überkompensiert wurden.
Im Vergleich zu den Gefahren eines Wirtschaftszusammenbuchs und weltweiten Crashs in wenigen Jahren befürchtet man die Katastophen in Jahrzehnten und Jahrhunderten, von denen man nicht mal künftig überprüfen kann, ob diese Gefahren denn mit der Realität irgend etwas zu tun haben. Keinerlei Argument zeigt dagegen, dass die teuren Maßnahmen auch bei unkritischer Akzeptanz der Gefahrenszenarien die erhoffte Wirkung zeigen könnten. Man kann darum grenzenlos immer mehr fordern, da man längst die nüchterne Rationalität verlassen hat.
Gefahr: Atommüll-Lager
Weniger aktuell, doch in vergleichbarer Grunddünung ist die Atomangst: Man befürchtet Katastrophen durch die Kerntechnologie, die jedes vorstellbare Maß überschreiten. Ob nun der Supergau oder der strahlende Abfall: Alle jene Probleme seien ungelöst und führen darum zu einschneidenden Änderungen, im Besonderen zu Technologieverzicht. Dabei waren die Anzahl der Opfer beim größten Atomunfall – Tschernobyl – weit geringer als bei vielen anderen Industrieunfällen. Auch können sich keine vergleichbaren Unfälle Technologiebedingt nicht wider ereignen. Der Unfall in Fukushima Daichi, ausgelöst durch schlechte Planung und einen Tsunami, führte zu keinen strahlenbedingten Schädigungen, aber die Panik bei der Evakuierung forderte einige Menschenleben, vor allem von Kranken aus der Intensivmedizin. Hier haben sich die Ängste als tödlicher erwiesen als de vermeintliche Gefahr.
Die Atommüll-Lager gar sollen quasi ewig sicher sein:
Zu Beginn des Atomzeitalters gingen die Wissenschaftler davon aus, dass ein Endlager für 10.000 Jahre Sicherheit bieten muss. Inzwischen haben sie sich selbst korrigiert und fordern: Wir brauchen mehr! Wir brauchen Sicherheit für eine Million Jahre. Zum Vergleich: Den modernen Menschen, den Homo sapiens sapiens, also uns, gibt es seit ungefähr 160.000 Jahren.
Brauchen wir das wirklich? Warum? Warum diese Anforderungen? Immerhin wissen wir, dass natürliche Isotopen überall in der Natur vorkommen, ohne dass diese gefährlich sind. Auch der Mensch selbst strahlt:
Die ganze Welt ist voller radioaktiver Stoffe. Auch der Mensch trägt Radioaktivität in seinem Körper, er ist eine Strahlenquelle und bestrahlt sich selber und seine Umwelt. Seine Radioaktivität beträgt etwa 125 Becquerel (Bq) pro kg Körpergewicht, also ca. 7 000 Becquerel bei 55 kg und 14 000 Becquerel bei 110 kg Gewicht, im Mittel kann man mit 10 000 Becquerel pro Person rechnen.
Das kommt überwiegend vom Kalium-40. Stoffe mit langer Halbwertszeit sind zumeist nur schwach radioaktiv. Stoffe mit kurzer Halbwertszeit sind stark radioaktiv, bauen sich aber entsprechend schnell ab. Warum also die geforderte lange Sicherheit? Wäre nicht eine Sicherheit für 1000 Jahre vollkommen vertretbar? Wären nicht viele Probleme schon lange gelöst, wenn man sie nicht mit überzogenen Anforderungen belastete?
Entweder, man kann dies auf irrationale Ängste zurückführen, oder aber da versucht man mit Scheinargumenten Lösungen zu verhindern, denn das wäre nicht den politischen Zielen gemäß.
Fazit zu Zukunftsängsten
Reale Gefahren, wie z.B. ein Wirtschaftszusammenbruch oder eine unerwünschte demographische Entwicklung bekommen überraschend wenig Aufmerksamkeit, aber fragwürdige Narrative bekommen bestimmenden Charakter im gesellschaftlichen Diskurs. Die Frage nach den Prioritäten in der Gefahrenabwehr wirkt entsprechend bizarr irrational.