Wahrheit und Konsens

Wer einige meiner Aufsätze bereits kennt weiß, das ich die leidenschaftliche Überzeugung vertrete, dass es eine objektive Realität gibt. Die Wahrheit ist die Summe aller zutreffenden Sätze zu dieser. Unbestritten ist, dass die Erkenntnis der Wahrheit jedoch stets subjektiv und fehlerträchtig bleibt. Die These hier, die meist unausgesprochen vertreten wird: Der Konsens zwischen Experten vermittelt die Wahrheit. Denn die Gemeinschaft kann grundsätzlich mehr Wissen akkumulieren, verarbeiten und beurteilen als der Einzelne … im Besonderen, wenn ihm Fachkenntnisse mangeln.

Andererseits bleibt das Vertrauen auf Dritte, die die Rolle von Autoritäten jenseits des Sachargumentes einnehmen, dem Gedanken der Aufklärung fremd. Zu sehr wurde das Argument der Autorität als Herrschaftsinstrument missbraucht. Aktuell wird dies in der Klimadiskussion deutlich. Hier wollen wir prüfen, was nun Gültigkeit hat.

Zunächst ist ein Konsens unter Fachleuten sicher etwas anderes als eine demokratische Entscheidung. Denn die Demokratie leidet bekanntlich darunter, dass mündige Entscheidungen mangels gleich verteiltem Hintergrundwissen immer fragwürdig bleiben. Fachleute hingegen sollten wissen, was der Stand der Erkenntnis ist und entsprechend fundiertere Urteile treffen. Auch wenn die Fachleute noch immer nicht vor Irrtum gefeit seien, so ist doch das Irrtumsrisiko erwartungsgemäß geringer.

Wissenschaft ist keine Demokratie

Wenn die Wissenschaft klare Belege liefert, ist die Meinung der Menschen meist irrelevant. Es gehört zum Wesen der Wissenschaft, objektive Aussagen zu treffen, die eben nicht von subjektiven Ansichten abhängig sind. In Grauzonen, bei denen die Argumente nicht hinreichend sind, kann das Expertenurteil dennoch eine Aussage haben, selbstredend mit fragwürdiger wissenschaftlicher Bedeutung.

Allerdings gibt es zwei Argumente, die Zweifel an der Bedeutung eines wissenschaftlichen Konsens befeuern:

  • In komplexen Themen erweist sich ein vermeintlicher Konsens oft als repressiver kollektiver Irrtum. Ob dies zu Zeiten Galileos galt, Darwin, Mendel, Wegener oder Einstein als jeweils bestes Beispiel gilt, bleibt offen, denn es mag weitere Beispiele geben. Auch Lyssenko oder die weltweiten Forschungen zur Rassenhygiene zeugen von fatalen wissenschaftlichen Irrtümern.
  • Drückt ein wissenschaftlicher Konsens die Zustimmung zu einem gut belegten Faktum oder zu einer bestätigten wissenschaftlichen Theorie aus, so trägt der Konsens nicht wesentlich zur Wahrheit des beschriebenen Sachverhaltes bei. Der Sachverhalt wäre auch ohne Konsens aufgrund der Belege zutreffend .

Es gibt allerdings eine Kategorie der Grauzone. Nämlich dann, wenn die Faktenlage nicht eindeutig genug ist, und das Expertenurteil eine Abschätzung der Argumente beinhaltet. In kritischen Fragen könnte der Experte zu einem reiferen Urteil kommen, auch wenn die Argumente nicht eindeutig sind.

Diese Erwartung wird aber problematisch, wenn es sich um aufgeladene Themen geht, die Ideologie, Macht, persönliche Risiken, Geld und Arbeitsplätze betrifft. Denn dann sind immer Verwerfungen zu erwarten, die nichts mit der Sachfrage mehr zu tun haben.

Ein Beispiel mag das erläutern: Wird ein Gutachten über eine Sozialprognose eines Straftäters gefällt, kann der Gutachter von einer positiven Sozialprognose überzeugt sein. Da er aber auch die Risiken kennt, die im Besonderen ihn treffen, wenn der Begutachtete dann doch Übles tut, wird er sich eher selbst schützen wollen. Ist der Gutachter dagegen ideologisch stark liberal eingestellt, wird er auch dann eine positive Prognose stellen, wenn dies der Sache nach nicht hinreichend erkennbar ist und er selbst keine negativen Konsequenzen im Fall des Irrtums erwartet. Das Gutachten liefert darum eher eine Aussage über den Gutachter als zu dem Begutachteten.

Bei Meinungsumfragen wird dagegen weit weniger die persönliche Konsequenz Einfluss nehmen – vor allem, wenn die Antworten geheim bleiben. Aber Wissenschaftler, der Arbeitsstelle, Einkommen, wissenschaftliche Reputation oder anderes von einer bestimmten Position abhängen, werden mit bestem Gewissen jener Position zuneigen, die ihn nicht zu einer Dissonanz zwischen eigenen Interessen und Expertenurteil führt.

Konsens und Zahlen

Es mag immer Fachexperten geben, die auch starker Evidenz widersprechen. Darum ist es nicht sinnvoll, 100 % Zustimmung zu fordern. Was aber ist dann ein Wert, bei dem man überhaupt von einem Konsens sprechen kann? Sind es 99%? 95% ? 90%? 80% ?

Wie kann man von verlässlichen Zahlen ausgehen, wenn man die kritischen Stimmen ausblendet und somit die Ergebnisse manipuliert? Oder die Qualifikationsbedingungen zur Expertenauswahl deutlich beeinflusst? Z.B. werden nur anerkannte Experten zugelassen, die kritischen Stimmen aus fachfremden Gründen die Anerkennung verweigert?

Konsens und Inhalte

Ein behaupteter Konsens suggeriert eine inhaltliche Aussage, auch wenn diese oft anderes als das eigentliche Konsens-Kriterium ist. Beispielhaft sei ein Spektrum an Fragen genannt:

  1. Glauben Sie dass der Mensch das Klima durch die Emission von Treibhausgasen beeinflusst?
  2. Glauben Sie dass der Mensch das Klima durch die Emission von Treibhausgasen stark beeinflusst?
  3. Glauben Sie dass der Mensch das Klima durch die Emission von Treibhausgasen überwiegend beeinflusst (> 50%)?
  4. Glauben Sie dass der Mensch das Klima durch die Emission von Treibhausgasen überwiegend beeinflusst und dass es möglich ist, durch vertretbare Gegenmaßnahmen dies zu gestalten?
  5. Glauben Sie dass es wissenschaftlich hinreichend belegt ist, diese Fragen sicher zu beantworten?

Bei den Fragestellungen, die vergleichbare Differenzierungsmöglichkeiten ermöglichen, konnte sich noch nie ein Konsens feststellen lassen. Was aber würde die Stimme bedeuten, die zwar zu 3. zustimmt, aber 5. mit nein beantwortet? Dann wäre die bloße Meinung kein verlässlicher Indikator.

Was bedeutet die Antwort eines Experten, der zu 3. und 5. zustimmt, 4. aber bestreitet? Könnte man jene als Experten für Klimaschutzmaßnahmen rekrutieren?

Häufig gibt es aber Experten, die zwar 1. und vielleicht noch 2. zustimmen, alle anderen Ansichten aber verneinen. Vielleicht erreicht man zu 1. dann einen Konsens zu 97 % … aber was sagt der dann noch aus? Es ist sicher grob manipulativ, damit eine Forderung nach mehr Klimaschutz zu begründen.

Veröffentlichungen zum Klima-Konsens

In der öffentlichen Diskussion erreichen die Behauptungen zum Stand der Wissenschaft, auf die man ja hören müsse, vor allem dann Wirkungstreffer, wenn der sogenannte Klimakonsens als Faktum behauptet wird. Repräsentativ sei hierzu diskutiert:

Fakt ist: Über 90 Prozent der Klimaforscher sind überzeugt, dass maßgeblich der Mensch den Klimawandel verursacht

Nach der Vorrede weckt diese Überschrift Zweifel: Welcher Art sind nun die behaupteten Überzeugungen? Können unscharfe Aussagen und Meinungen überhaupt den Status eines Faktums haben?

Es ist wissenschaftlich gesichert und gut belegt, dass der Mensch Hauptverursacher der bereits laufenden globalen Erwärmung ist. Diesem Konsens stimmen Wissenschafts-Akademien aus 80 Ländern zu, außerdem viele weitere wissenschaftliche Organisationen und – laut mehrerer Studien – rund 97 Prozent der Klimawissenschaftler.

https://www.klimafakten.de

Demnach wird behauptet, dass nicht nur die behaupteten 97 % von einem überwiegenden Einfluss der globalen Erwärmung steht, sondern dass dies auch gut belegt sei. Dazu sind die Belege zu prüfen.

Eine Untersuchung aller peer-reviewten Veröffentlichungen zum Stichwort “globaler Klimawandel” aus dem Jahren 1993 bis 2003 ergab, dass nicht eine einzige Studie den Konsens bestritt, dass der Mensch die wesentliche Ursache des Klimawandels ist (Oreskes 2004).

Bereits die Weiteren Texte der gleichen Website verstärken die Zweifel an wissenschaflicher Seriösität.

Oreskes durchsuchte dafür die Datenbank ISI Web of Science nach dem Schlagwort „globaler Klimawandel“. Daraus ergab sich eine Summe von 928 zu untersuchenden Aufsatz-Zusammenfassungen, die das betreffende Stichwort enthielten.

https://www.klimafakten.de/

Offensichtlich ist die kleine Zahl an Fachaufsätzen, die selektiv keineswegs die Meinung der gesamten Wissenschaftler-Gemeinschaft befragt, wenig geeignet, einen Konsens zu behaupten. Forscher, die in den Thesen keine hinreichende Signifikanz erwarten werden sich auch dann weniger oder gar nicht äußern, wenn sie mit persönlichen Nachteilen bei einer von den Meinungsführern abweichenden Überzeugung rechnen müssen.

Der Grund für diese Studien wird zum einen die Auftragstätigkeit interessierter Gruppen gewesen sein, zum anderen das Studieninteresse von Forschern, die hier überhaupt ein Problem vermuteten. Folglich liefert bereits die Themenstellung einen Bias.

75 Prozent der Fachaufsätze hätten den anthropogenen Klimawandel explizit erwähnt oder seien implizit von ihm ausgegangen, etwa weil sie dessen Folgen oder die Minderung von menschengemachten Treibhausgasen zum Thema hatten. Die restlichen 25 Prozent trafen laut Oreskes keine Aussage über den Konsens, der Schwerpunkt dieser Studien lag beispielsweise auf Forschungsmethoden oder paläoklimatischen Untersuchungen.

https://www.klimafakten.de/

Es erscheint fragwürdig, wie man von diesem Befund ausgehend auf einen weitreichenden Konsens schließen könnte. Implizite Aussagen lassen derartige Behauptungen grundsätzlich nicht zu.

Zahlreiche, voneinander unabhängige Studien zum Experten-Konsens

https://www.klimafakten.de

Zunächst wird, einem Mantra gleich, der Konsens wiederholt behauptet. Aber die Unabhängigkeit bleibt fragwürdig. Nicht zuletzt zitieren spätere Studien die ersteren. Im Weiteren wird auf 6 Studien verwiesen

Spätere Untersuchungen bestätigten diesen klaren Befund. Beispielsweise stellte eine Umfrage unter 3146 Geowissenschaftlern (Doran/Zimmermann 2009) folgende Frage: „Meinen Sie, dass menschliche Aktivitäten einen entscheidenden Einfluss auf die Veränderung der durchschnittlichen globalen Temperaturen haben?“ Von der Gesamtheit der Studienteilnehmer beantworteten 82 Prozent die Frage mit Ja. … Unter den befragten Meteorologen betrug die Zustimmungsrate nur 64 Prozent.

Können 82 % einen Konsens behaupten? Und was heißt hier der Begriff ‚entscheidend‚? hier ist die Übersetzung zu prüfen: Der kurze Originalartikel zitiert Oreskes und die Kritik daran … und zeigte weiteres:

An invitation to participate in the survey was sent to 10,257 Earth scientists.

Doran/Zimmermann 2009

Man kann wenig gesichertes über Menschen behaupten, dei auf eine Anfrage nicht reagieren. So haben sie diese vielleicht nicht für wichtig gehalten, oder die Frage bereits als absurd abgelehnt. Sie einfach in einen behaupteten Konsens einzuschließen geht aber nicht.

2. Do you think human activity is a significant contributing factor in changing mean global temperatures?

Ein signifikanter Einfluss liegt aber bereits bei weniger als 5 % vor. Dies zu übersetzen in ‚entscheidend‚ ist eine grobe Verzerrung, denn viele, die oft als Klimaleugner gescholten werden, bestreiten gar nicht die Signifikanz des menschlichen Einflusses.

Unter denen, die die Nuancen und die wissenschaftlichen Grundlagen von langjährigen Klimaprozessen verstehen, gibt es anscheinend so gut wie keine Debatte über die Tatsache der Erderwärmung und die Rolle der menschlichen Aktivitäten dabei.

https://www.klimafakten.de/

Man könnte es anders formulieren: Unter denen, deren Lebensunterhalt es ist, Klimamodellierung zu betreiben, hinterfragt nahezu keiner die Grundlagen. Ergebnis-offene Forschung sieht anders aus.

Auch Verheggen et al. 2014 ergab, dass mit höherer Expertise der Grad der Zustimmung zum Forscherkonsens zum Klimawandel zunimmt.

https://www.klimafakten.de

Auch hier ein vergleichbares Bild des Zweifels

90% of respondents with more than 10 climate-related peer-reviewed publications (about half of all respondents), explicitly agreed with anthropogenic greenhouse gases (GHGs) being the dominant driver of recent global warming.

Verheggen et al. 2014

Würde man Soziologen befragen, wie sehr die soziologisch relevanten Einflüsse die Gesellschaft prägen, würde man sicher eine höhere Zustimmung erhalten. Es ist grob irreführend, die berufsbedingte Perspektive als Beleg eines vermeintlichen Konsenses zu präsentieren.

Im Jahr 2013 kam eine weitere, groß angelegte Untersuchung (Cook et al. 2013) zu einem ähnlichen Ergebnis: Von allen einschlägigen Fachveröffentlichungen, die zwischen 1991 und 2011 erschienen (ca. 12.000), erwähnten (in der Studienzusammenfassung) rund zwei Drittel die Ursachen der Erderwärmung nicht explizit – was wenig überrascht, weil die Ursachen in der Forschung als geklärt gelten und es in den meisten Studien um Detailfragen zu Klimawandel oder Klimaschutz ging. Ein knappes Drittel der Studien (32,6 Prozent) bekräftigte ausdrücklich den wissenschaftlichen Konsens zur menschengemachten Erderwärmung, nur 0,7 Prozent lehnten den Forscherkonsens ab, weitere 0,3 Prozent gaben sich in der Frage unsicher.

https://www.klimafakten.de/

Es ist erstaunlich, dass man die Studien, die im Abstract keine Angaben machen, für einen vermeintlichen Konsens rekrutieren will. Ich kann hier keinen seriösen Ansatz erkennen. Eine Reihe von Artikeln beschäftigt sich mit den Studien von Cook et al. Hier nur ausgewähltes:

In regelmäßigen Abständen zitieren Medien ein von Klimaaktivisten lanciertes Paper, dass angeblich einen 97-prozentigen Konsens zur Theorie des gefährlichen anthropogenen Klimawandels fand. Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass auch moderate klimaskeptische Ansichten in die 97%-Kategorie fallen

… Nun hat der ehemalige IPCC-Autor Richard Tol die Methodik der Studie im Detail analysiert und die gravierenden Mängel bestätigt. Insbesondere bemängelt er eine subjektive Datensammlung, die qualitativ weit entfernt von sonst in der Wissenschaft üblichen anonymen „blind test“ Verfahren ist. Auch während der Datenauswertung gab es unerklärliche Vorfälle. Einer der eingesetzten Aktivisten wurde per Zeitstempel dabei überführt, wie er 675 Publikations-Kurzfassungen innerhalb von nur 72 Stunden „bewertete“. 

https://kaltesonne.de/news8-3/

Die methodischen und argumentativen Schwächen jener, die einen Klimakonsens behaupten sind eklatant und lassen vermuten, dass es sich hierbei komplett um Propaganda-Machwerke der Manipulation der öffentlichen Meinung handelt.

Nur 0,54 % der untersuchten Studien gehen von einer Verursachung des Menschen > 50% aus. Handelt es sich hierbei um reißerische Gegenpropaganda, die auf eben jenem unteridischen Niveau argumentiert, die dort Cook vorgeworfen wird? Mit Nichten! Es handelt sich um eine klare Darstellung der Daten aus der Originalveröffentlichung von Cook et al. Recht lehrreich im schweizer Dialekt zeigt
Thomas Glauser dies Schritt für Schritt in Klimawandel – John Cook Studie (97%) mit Excel analysiert

Eine gute und klare Übersicht ist natürlich auch in englischer Sprache verfügbar:

The In-depth Story Behind a Climate Fraud

Dr. John Robson investigates the unsound origins and fundamental inaccuracy, even dishonesty, of the claim that 97% of scientists, or „the world’s scientists“, or something agree that climate change is man-made, urgent and dangerous.

YouTube Climate Discussion Nexus

Darüber hinaus bleibt die Problematik der Kategorisierung bestehen … und man fragt sich, wie ein derartiges Machwerk einen fachlichen Begutachtungsprozess (Peer Review) überstehen konnte und weltweit einen großen Einfluss erlangte. Man muss davon ausgehen, dass sich die Peers gegenseitig bestätigen, in der gleichen propagandistischen Weltsicht leben und auf wissenschaftliche Mindeststandards pfeifen. Ein Grund, jegliches blinde Vertrauen in begutachtete Studien fahren zu lassen.

Daraus folgt, dass man tatsächlich von einem Konsens der Wissenschaften sprechen kann: Nichts genaues weiß man nicht zum Klimawandel!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert