Identität

Wer bin ich? Diese Grundfrage, die zugleich auch als Konkretisierung der Frage ‚Was ist der Mensch?‘ angesehen werden kann, beschäftigt das Denken nicht nur in der Adoleszenz. Einige sehen es als ihre Aufgabe, ihrem Leben einen Sinn zu geben, sich selbst zu erfinden und damit zu Werden. Die Frage der eigenen Identität ist untrennbar mit der Sinnfrage verknüpft – vielleicht die Kehrseite der Medaille. Manche erkennen ihre Bestimmung als Lebensziel. Viele begnügen sich mit unbefriedigenden Antworten, perpetuieren ihre offenen Fragen oder resignieren an dieser Frage.

Man kann die Frage nach der eigenen Identität als Schlüssel zu vielen menschlichen Motiven ansehen, sozusagen als blinder Fleck, um den sich alles dreht, aber kaum als zentral wahrgenommen wird. Alle Eitelkeiten … ein Wunsch, sich selbst zu identifizieren. Streben nach Macht, respektiert zu werden, geliebt zu werden, reich zu sein … alles letztlich Ausdruck davon, eine substanzielle Person sein zu wollen.

Diejenigen, die diese Frage individuell bedenken, werden als Philosophen angesehen. Andere suchen ihre Identität als Teil einer Bewegung, Mitglied einer Gruppe. Man sucht weniger nach Wahrheit und Erkenntnis, sondern nach sinnstiftendem Selbstverständnis, Anerkennung und Eitelkeit, Reichtum, Macht und Glück. Hier wollen wir nach der Bedeutung der relevanten Ideologien der Zeit fragen. Doch vorher wollen wir Einwände diskutieren

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Gerechtigkeit, Gott und das Glück

Wer von Gerechtigkeit spricht meint heute ein Empfinden, dass allen Menschen gleiche Chancen zuspricht und Regeln, deren Verletzung einer Ahndung oder ‚Heilung‘ bedürfen. Dennoch bleibt unklar, ob dieses Empfinden ein Gewordenes und damit Kulturrelatives bleibt, oder ob es an das Absolute heranreicht. Früher sprach man von den Universalien: Gibt es die Gerechtigkeit, die Liebe, das Glück, die Freiheit etc. überhaupt? … oder ist es nur ein Attribut, eine Zuschreibung. Würde es die Gerechtigkeit als Absolutes nicht geben, so bliebe sie willkürlich und verfügbar. Jeder, der im Namen der Gerechtigkeit oder der Freiheit irgendetwas fordert, hätte nicht nur einen leeren Satz produziert, sondern man könnte jenem Irrelevanz unterstellen, weil ja sein Gegenüber eben ein anderes Empfinden habe … und was mache dann des Einen Empfindung gegenüber des Anderen vorzüglich?

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