Unschärfe des Glaubens

Über Jahrtausende rangen mehr oder weniger ernsthafte Denker um die wahre Lehre, im Besondern im Judentum und Christentum, aber auch in fast allen weltanschaulichen Lehren. Offensichtlich gab es auch stets die Irrlehren, die auf gegebenen Dogmen aufbauend zu verdrehten und verfälschenden Ergebnissen kamen. Es ist darum unverzichtbar, jene falschen Lehren zu identifizieren und auszuschließen. In der ruhmreichen Suche nach der Wahrheit bildeten sich stets eine Orthodoxie heraus, die oftmals gute Argumente und beachtliche Denkgebäude vereinten, aber die zumeist in unerbittlichen Ausschlüssen von Querdenkern führte … die oft berechtigte Einwände oder Alternativen vertraten.

Es wäre fatal, eine Orthodoxie stumpf gegen eine andere zu setzen und diese mit geistfernen Mittlen – im Besonderen durch Gewalt – durchsetzen zu wollen. Eine Meta-Orthodoxie muss also von der Unschärfe ausgehen, dass es den verengten Wahrheitsanspruch nicht geben kann. Vielmehr weist gerade die Struktur der Erkenntnis auf die faktische Unklarheit hin: Ist diese Unschärfe gar gottgewollt?

Wahrheit und kritischer Rationalismus

Kernpunkt des kritischen Rationalismus ist, dass man den Irrtum in der Erkenntnis der Realität nicht endgültig ausschließen kann. Der kritischen Rationalismus bestreitet darin allerdings nicht, dass es eine absolute Wahrheit gäbe, sondern nur, dass man diese nicht zweifelsfrei erkennen kann. Er schließt damit weder einen Subjektivismus von vorne herein aus, noch liefert er für diesen hinreichende Argumente. Er unterscheidet lediglich zwischen objektiver Wahrheit und subjektiver Erkenntnis.

Natürlich ist damit nicht zweifelsfrei sichergestellt, dass es eine objektive Welt überhaupt gibt, denn der Solipsismus ist nicht widerlegbar, wird aber aufgrund der Pragmatik seit Descartes als absurd erkannt. Dennoch führt eben dieser als Subjektivismus eine Art Zombie-Dasein: Jeder habe seine eigene Wahrheit. Das würde negieren, dass es eine allgemein gültige und absolute Wahrheit überhaupt gäbe. Ein Irrtum kann es darum nicht geben. Jene Überzeugung lehnt letztlich jeden Wahrheitsanspruch ab und verfällt in Beliebigkeit. Wir lehnen darum diesen Sprachgebrauch scharf ab und halten eine objektive Realität für gegeben, über deren subjektiven Erkenntnis allerdings vielerlei Unschärfen und Irrtümer unvermeidbar sind.

Wahrheit kann in diesem Sinn im Sinne der Theorie so aufgefasst werden:

In den klassischen Konzeptionen wird Wahrheit definiert als ein Urteil, das mit seinem Gegenstand in der Welt übereinstimmt (Korrespondenztheorie der Wahrheit), oder auch als ein Urteil, das nicht im Widerspruch zu dem bereits vorhandenen System an Überzeugungen, die sich gegenseitig stützen, steht (Kohärenztheorie der Wahrheit).

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Erster Ansatz ist einleuchtend, hat aber Schwierigkeiten in der Verankerung der Wahrheit in der erkennbaren Wirklichkeit: Welcher Angelpunkt der Wahrheit existiert eigentlich? Denn Wahrnehmungen können täuschen. Eine gewisse Brille, mit der man die Realität zu erkennen glaubt, kann eine mehr oder minder starke Färbung oder Verzerrung liefern.

Letztlich basiert jede Erkenntnis auf Grundannahmen oder Dogmen. Darum ist die Kohärenztheorie, wenngleich weniger intuitiv einleuchtend, besser, denn sie ermöglich ohne vorausgehendes Dogmengebäude auch Denksysteme einschließlich der jeweiligen Dogmen zur Erkenntnis zu nutzen.

Ein Dogma als grundlegender Lehrsatz wird dann zu einer möglichen Erkenntnis der Realität, wenn es keine Erkenntnisse gibt, die mit diesem Dogma unvereinbar sind. So werden (scheinbare) Widersprüche mit den Sätzen eines Dogmen-Systems zwar harmonisiert, so weit dies möglich ist, aber dies hat Grenzen. Jeder Glaube zerschellt an der Realität, wenn die Glaubenssätze nicht mehr mit der erkennbaren Realität zu vereinen sind. Ein allzu naiver Glaube kann dann durch eine Anpassung an die neue Erkenntnis entweder revidiert und korrigiert werden, oder er wird gänzlich verworfen.

Die Struktur des christlichen Glaubens

Offensichtlich sind die Glaubensinhalte, die im Alten und Neuen Testament vermittelt werden, hinreichend komplex und unscharf, dass sich sowohl unterschiedliche Deutungen nicht ausschließen lassen, aber auch Lehren herausbildeten, die unvereinbar mit den Grundlagen dieses Glaubens sind. Letztere nennt man Irrlehren. Um diese zu fassen und anhand von Kriterien zu identifizieren, fasste die frühe Kirche die Kernsätze des Glaubens in formalen Bekenntnissen zusammen, im Besonderen dem Apostolikum.

Ich glaube an Gott, den Vater,
den Allmächtigen,
den Schöpfer des Himmels und der Erde.

Und an Jesus Christus,
seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn,
empfangen durch den Heiligen Geist,
geboren von der Jungfrau Maria,
gelitten unter Pontius Pilatus,
gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Todes,
am dritten Tage auferstanden von den Toten,
aufgefahren in den Himmel;
er sitzt zur Rechten Gottes,
des allmächtigen Vaters;
von dort wird er kommen,
zu richten die Lebenden und die Toten.

Ich glaube an den Heiligen Geist,
die heilige christliche Kirche,
Gemeinschaft der Heiligen,
Vergebung der Sünden,
Auferstehung der Toten und das ewige Leben.

Apostolisches Glaubensbekenntnis

Dies sollte den Kern des christlichen Glaubens umreißen, wird aber heute bis zur Unkenntlichkeit umgedeutet. Tatsächlich sind auch diese Sätze nicht ohne Weiteres zu verstehen und mit Inhalt zu füllen. Für eine Orthodoxie mag es eine Grundlage liefern, bleibt aber bildhaft und führte auch in der Folgezeit zu erbittertem Streit.

Im 4. Jahrhundert war vor allem die Stellung von Jesus als dem Gott wesensgleichen Christus Streitpunkt. In der Folgezeit kam es zu Spaltungen und Reformbewegungen, die die Einheit der Kirche in Zweifel zog. Heute versteht die römisch-katholische Kirche sich als jene Sachwalterin des Glaubens, die übrigen christlichen Denominationen halten diese weniger an die irdische Organisation gebunden, sondern sehen in der unsichtbaren Gemeinschaft der wahren Gläubigen die unsichtbare christliche Kirche gemeint.

Im Zuge der Suche nach der Wahrheit und der wahren Lehre wäre ein intellektueller Streit durchaus ehrbar, aber dabei blieb es nicht. Die Parteiungen fanden allzu oft eine unrühmliche Fortsetzung in Gewalttätigkeiten und befeuerten Glaubenskriege. In wie fern diese Kriege aber Ursachen in der Machtfrage hatten und der theologische Streit nur die Rechtfertigung des Krieges, nicht aber die Gründe der Gewalt lieferten, könnte jeweils vertieft diskutiert werden. Im Besonderen verwischten sich die Parteiungen im Fall des 30-jährigen Krieges, so dass der anfänglich vorgebliche Grund der Katholischen gegen die Protestanten später nicht mehr erkennbar war.

Was aber bleibt waren die Spaltungen und theologischen Gegensätze. Bis heute bemühen sich Theologen und einfache Gläubige, die Wahrheit im Glauben und Lehre zu erkennen, mit jeweils unterschiedlichen Ergebnissen. Auf der Suche nach den Ursachen stößt man unweigerlich auf die Bibel, die zugleich grundlegenden Charakter haben sollte, aber eine hinreichende Klarheit für die eine wahre Lehre offensichtlich nicht lieferte.

Dialektik als biblisches Grundprinzip

Die Bibel ist eine Sammlung alter Texte unterschiedlicher Verfasser und Gesellschaften, die für kanonisch, also für die Grundlage des Glaubens erklärt wurden. Nicht nur der unterschiedliche Stil, sondern die jeweils vermittelten Glaubensvorstellungen sind kaum zu harmonisieren. Bereits in den ersten beiden Kapiteln des 1. Busches Mose kommen 2 unterschiedliche Schöpfungserzählungen zusammen. Aber auch später treffen unterschiedliche Sichten, sowohl bezogen auf historische Ereignisse, als auch auf theologische Ansichten aufeinander. Das hinderte weder Verfasser, noch jene, die die Kanonisierung betrieben, eine logische Schärfe zu fordern und alles vermeintlich Inkonsistente frühzeitig durch Exklusion oder Glättung zu bereinigen. Jüdische und christliche Theologen bemühten sich mit mehr oder weniger überzeugender Logik, eine Harmonisierung der Lehren zu gewinnen.

Da diese Harmonisierung aber oftmals unbefriedigend blieb, war die Arbeit jener, die die reine Lehre zu gewinnen suchten, sowohl herausfordernd, als auch unbefriedigend. Zumeist wurden jene vermeintlichen Widersprüche unaufgelöst stehen gelassen. Einige sahen darin eine göttliche Offenbarung, die dem Golde gleich im Ganggestein menschlicher Überlieferung und zeitgeschichtlicher Bedingtheiten zu extrahieren galt. Andere lehnten die Suche nach dem inneren Kanon als beliebig ab, und ließen jene Widersprüche unaufgelöst bestehen.

Die Vorstellung, dass die Sprache der Bibel oft bildhaft bleibt und damit stärker als Metaphern aufzufassen sei, lässt sich wieder damit vereinbaren, dass Bilder eines gleichen Gegenstandes unter verschiedenen Perspektiven häufig völlig verschieden aussehen, aber eben nicht die Identität des Objektes widerlegen oder echte Widersprüche darstellen. Somit können Gläubige, unter Wahrung intellektueller Redlichkeit die Vielgestaltigkeit der Ansichten als Bereicherung und notwendige perspektivische Sichten auffassen.

Gerade diese Vielgestaltigkeit und seine vermeintlichen Widersprüche deuten auf das hin, was Hegel später als Prinzip der Dialektik bezeichnete. Hierin handelt es sich nicht um die Ansicht, dass gemäß dem Satz vom Widerspruch in der Logik die Ungültigkeit einer Koexistenz zweier Aussagen belegen würde. In der Tat handelt es sich zumeist auch weniger um unvermeidliche Widersprüche, sondern oft um nachvollziehbare Perspektiven. Der jeweils daraus gewonnene These kann man einer Antithese gegenüber stellen, die sich eben nicht gegenseitig ausschließen, sondern zu einer Synthese führen. Die Synthese ermöglicht eine komplexere ‚wahre‘ Aussage , die sich durch die vereinfachte These, bzw. Antithese gar nicht ausdrückbar wäre.

Aus dieser Sicht zieht sich die Dialektik als Deutungsprinzip durch die Abfassung, Kanonisierung und Auslegung durch die Bibel, die keine stringente widerspruchsfreie Lehre ermöglicht, zu der es keine Alternativen gäbe. Unschärfe ist demnach in der Bibel konstitutiv.

Agnostiker und Anti-Dogmatiker

Agnostiker weisen derartige Sichtweisen scharf zurück und halten jeden Glauben für falsch, zuweilen lächerlich. Dogmen lehnen sie prinzipiell ab und gehen davon aus, dass es eine sichere Erkenntnis nicht gäbe. Seltsamer Weise reflektieren sie ihre eigene Position darin nicht und fragen sich nicht, auf welcher Grundlage sie überhaupt eine Aussage tätigen. Wieso meinen sie denn, dass man Gott und / oder die Wirklichkeit nicht sicher erkennen könne? Schließen sie denn von sich auf andere? Weil sie meinen, dass sie Gott nicht erkannt haben, dass es auch andere nicht tun können? Oder haben sie vielleicht sehr wohl Gott erkannt, lehnen dies aber aufgrund von Selbstzweifeln ab oder weil die Konsequenzen nicht zu ihre Vorstellungen passen?

Kurz: Jede Vorstellung von der Welt basiert auf Grundüberzeugungen. Glaubt man, dass man die Wirklichkeit nicht erkennen könne, ordnet man alles Denken diesem Grundsatz unter. Es wird zu deren Dogma, denn wenn sie ihre Ansicht ändern, und doch eine wahre Erkenntnis für möglich halten oder für sich reklamieren, haben sie mit dem Dogma gebrochen und sind keine Agnostiker mehr. Sie sind darum strukturell von jedweden anderen Gläubigen nicht zu unterscheiden.

Atheisten, die die Existenz Gottes radikal ablehnen, bezeichnen sich selbst gerne als Agnostiker, z.B. Richard Dawkins. Sie halten die Welt, wie sie sie wahr nehmen und real halten, vom Zufall bestimmt. Also glauben sie felsenfest, dass alles das, was ihnen nicht als Konsequenz von Notwendigkeiten und Intentionen erscheint, auch unbestimmt und beliebig sei. Dass dieser Glaube zuweilen mit noch mehr Nachdruck als der Glaube an Gott vertreten wird und sich jeder Reflektion und Zweifel entzieht, wollen sie nicht wahr haben. Denn dann müssten sie ja einräumen, dass auch ihre Weltsicht ’nur ein anderer Glaube‘ sei. Jeden Glauben und Dogma aber verachten sie und können diesen Selbstwiderspruch nicht akzeptieren. Zur Reflektion eines Dogmas ist es eben nicht zielführend, bei anderen irgend welche Dogmen zu identifizieren, die man für falsch hält, sondern die eigenen Grundlagen zu hinterfragen.

Indem man aber einräumt, dass man selbst einen Glauben vertritt, gibt man zugleich zu, man sich auch irren kann. Denn ein Glaube, der keine Alternative mehr kennt, ist kein Glaube, sondern ein verfestigte Überzeugung, die letztlich in Beweisnot fällt. Man kann dann lediglich zwischen starken und schwachen Glauben unterscheiden. Der schwache Glaube ist dann ein bloßes Für-Wahr-Halten, das aber kein Konsequenzen für das eigene Leben hat. Der starke Glaube setzt alles auf diese Glaubensentscheidung in dem Bewusstsein, dass das Risiko des Irrtums nicht vor den Konsequenzen zurück schrecken lässt.

Oft aber werden die Glaubensentscheidungen nicht bewusst getroffen. Oder man täuscht sich über den Charakter des Glaubens. Nicht selten betrügt man sich selbst und hält seinen Glauben für gesichertes Wissen. Oder man gibt sich selbst oder anderen vor, lediglich einen schwachen Glauben zu vertreten, ist aber mit allen Konsequenzen felsenfest überzeugt. Andererseits gibt es auch jene, die vorgeben, einem starken Glauben zu folgen, obwohl sie die Konsequenzen nicht wahrnehmen.

Zufall und Glaube

Der Zufall, der als Ersatz für den Glauben an Gott oder andere schicksalhafte Mächte steht, ist aber keineswegs unzweifelhaft existent. Pierre-Simon Laplace, seit 1817 Marquis de Laplace, ein französischer Mathematiker, Physiker und Astronom., war von einer deterministischen Mechanik der Welt überzeugt. Es ist nicht sicher, ob er einen Gott für möglich hielt oder gar an diesen glaubte, er glaubte lediglich nicht an einen Zufall. Er hielt lediglich die Hypothese, das Gott in den Lauf der Welt eingriff, für unnötig. Dies führte zu dem Gedankenexperiment des Laplaceschen Dämons. Laplace sagt darin nicht, woher die Initialbedingungen stammten. Atheisten, wahrscheinlich auch Laplace selbst, nahmen implizit einen Zufall an. Andere kombinierten diese Vorstellung mit einer Art Gottesglauben:

Grundlage dieses Gedankens ist der Gesetzesdeterminismus. Das Universum, so der englische Chemiker Robert Boyle im 17. Jahrhundert, gleiche einem Uhrwerk; Gott habe das Universum mit seinen Gesetzen so geschaffen, wie ein Uhrmacher die perfekte Uhr bauen würde. Einmal erschaffen und in den richtigen Ausgangszustand gebracht, laufe das Universum unerbittlich nach dem Willen der göttlichen Vorsehung ab.

Laplacescher Dämon

Jener Glaube dürfte heute von wohl kaum jemanden vertreten werden, denn es ist nicht nachvollziehbar, worum eine derartige Welt überhaupt erschaffen werden sollte, in der Gläubige an Gott glauben müssen und Atheisten den Glauben an Gott radikal verneinen müssten.

Auch wenn die Grundlagen jener Mechanik heute sehr stark in Zweifel gezogen werden, geistert auch heute noch die atheistische Variante durch die Köpfe vieler Menschen, die an ein deterministisches Chaos glauben, das letztlich vom Zufall bestimmt sei. Dies findet sich vor allem in der Neurophilosophie, der aber als Grundprinzip auch den Zufall postuliert, der hinter den deterministischen Gesetzmäßigkeiten steht.

Was aber sollte jener Zufall sein? Woher kommt er? Jeder Programmierer weiß, wie schwierig es ist, einen guten Zufallsgenerator zu entwickeln. Es nimmt daher Wunder, dass der Ursprung des Zufalls eben der Zufall selbst sein soll. Warum kann jemand glauben, dass der Verweis auf einen nicht näher bestimmten Zufall irgend etwas zur Erklärung der Welt beiträgt? Es kann nur unbegründeter Glaube sein, dass eben das Unerklärte letztlich auf einem blinden Zufall beruhe, der keiner Intention folgt. Das ist die treibende Idee von Charles Darwin, der die Vielfalt der Arten nicht auf eine Intention zurückführte und auch heute von vielen Atheisten als Zurückweisung der göttlichen Schöpfung vertreten wird.

Peter Hahne meint dagegen: ‚Zufall ist ein Pseudonym Gottes‘. Er meint damit, dass das, was uns als Zufall erscheint, letztlich von Gott getrieben sei. Weder kann diese Ansicht robust belegt, noch widerlegt werden. Jede Ansicht dazu kann folglich als ‚Glaube‘ bezeichnet werden.

Konsequenz und Kohärenz

Zurück zum Ausgangspunkt: Jeder Glaube, im Besonderen der Christliche, bleibt letztlich unscharf, auch wenn sich viele um eine scharfe Orthodoxie bemühen. Im Sinne der Kohärenztheorie ist zu schließen:

Wer die Grundlage der Welt im Zufall sieht, wird den Gottesglauben für beliebig halten. Die Vielfalt aller Glaubenssysteme, auch die Vielfalt innerhalb der christlichen Lehre, spricht für eine Beliebigkeit, die letztlich auf den Zufall zurück zu führen sei. Der Atheist sieht sich in seiner Ablehnung eines Gottesglauben bestätigt, wenn er jeden Glauben letztlich als ein Kind des Zufalls versteht, der dann auch diese Vielfalt verursacht. Die innere Logik einer jeden Glaubensvariante kann ignoriert werden, denn wenn ja der Zufall dahinter steht, kann sie nicht auf Wahrheit beruhen und darum getrost zurück gewiesen werden.

Wenn aber unbegründet ist, ein intentionsloser Zufall sei Grundlage der Welt, könnten alle darauf basierenden Schlüsse völlig falsch sein, genauer ex falso quodlibet.

Glaubt man hingegen mit Peter Hahne, dass hinter dem vermeintlichen Zufall Gott stehe, müsse die Unschärfe des Glauben, seine Dialektik und letztlich die Ungewissheit gottgewollt sein. Die Vielfalt der Glaubenssysteme, die Defizite und Mängel selbst beinhalten eine Botschaft auf Metaebene. Was ist aus dieser Botschaft zu verstehen?

Unschärfe in der Physik

Die Physik kannte stets sehr präzise Naturgesetze. Unschärfe war dieser fremd – bis die Quantenmechanik entdeckt wurde. Im Besonderen zeigt die Heisenbergsche Unschärferelation ein erstaunliches Verhalten. Genaue Aussagen, wie man es bisher von der Physik gewohnt war, waren nicht mehr möglich. Es handelt sich darin weniger um ein reines Erkenntnisproblem, sondern um den Charakter der Wirklichkeit. Diese Unschärfe hat aber nichts Beliebiges. Auch wenn man den Zerfall eines Isotops nicht genau bestimmen kann, so stellt sich doch eine erstaunliche Präzision in der Statistik dar. Atomuhren – die auf den Zerfall von Isotopen beruhen – übertreffen mechanische Uhren in der Genauigkeit.

Könnte das nicht eine Metapher für das Grundmuster der Wirklichkeit sein? Im Detail, der Mikro-Sicht, ist die Wahrheit nicht zu erfassen, aber in der Makro-Sicht ergibt sich eine sehr klare Aussage. Den Menschen widerstrebt es, wenn sie Glaubenssätze nicht in einer allgemeinverbindlichen, präzisen Diktion formulieren können. Es scheint, als ob ihnen der Glaube zwischen den Fingern zerrinnt und nur ein Vakuum hinterlässt. Aber in Wirklichkeit war es nur die falsche Methode, wie man der Wahrheit auf die Spur kommen wollte. Jeder Versuch einer Präzision ist prinzipiell zum Scheitern verurteilt. Ebenso untauglich ist die Beliebigkeit, mit der einfach irgend was behauptet werden soll.

Wahre Erkenntnis – wahrer Glaube

Der Ansatz, zu einem angemessenen Glauben und Erkenntnis der Wahrheit zu gelangen, muss auf einer anderen Grundlage geschehen. Hierzu empfiehlt sich, zur Quelle zurück zu kehren und die Bibel zu untersuchen. Man stößt auf den Beziehungscharakter, der durch Liebe, Glaube und Hoffnung markiert ist. Die Mitteilungsabsicht wird zum Prinzip, die eben sich gerade nicht in Details verliert. Ist vielmehr die Bibel gerade darum in der vorliegenden Gestalt, damit der Leser eben nicht auf der falschen Ebene nach Gott sucht?

Mit einem Schmetterlingsnetz kann man keine Wolken fangen. Ein Mikroskop taugt nicht zur Beobachtung der Sterne und eine anatomische Analyse wird das Geheimnis des Lebens nicht lüften können. Gottesglaube ist nur in der lebendigen Beziehung angemessen zu erkennen, nicht in formalisierten Dogmen-Systemen. Das entwertet jedoch nicht völlig die theologische Arbeit und das formulieren von Glaubenssätzen. Vielmehr könnte man jene mit einem Knochengerüst vergleichen, ohne das kein Wirbeltier leben kann. Aber das Knochengerüst alleine bleibt tot.

Wahrheit und Glaube ist wie das Leben. Es wird erst im Du erkannt.

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