Science Fiction?

In meinem letzten Essay Rationalisiertes Gottvertrauen nahm ich Bezug auf die Serie ‚3 Body Problem‘ . Seit früher Jugend interessiere ich mich für diese Literaturgattung. Zuweilen kann man hier in fremde, fiktive Welten flüchten, Gedanken über die Zukunft durchspielen, oder menschliche und philosophische Fragestellung aus einem allzu gewöhnlichen Kontext heraus lösen und intensiver betrachten. Einige Gedanken und Empfehlungen dazu.

Herausragend in der Gattung Gesellschaftsutopien ist Utopia von Thomas Morus (1516 … vielleicht mehr dazu ein andermal). Jules Verne galt sicher als der Begründer dieser Science Fiction, nachdem bereits viele Jahrhunderte zuvor Gesellschaftsutopien geschrieben wurden. Übrigens: ‚Die Reise zum Mittelpunkt der Erde‘ war das erste Buch dass ich aus eigenem Antrieb las. Verne regte die Entwicklungen und Phantasien an und trieb die Wissenschaft mit neuen Visionen voran. In der Folgezeit kam es vermehrt zu Dystopien, wie ‚Schöne neue Welt‘ von Aldous Huxley (1932) … aber abgesehen von mehr oder minder ernsthaften Fragen zur Zukunft bleiben die Ansprüche an Wissenschaftlichkeit oft zurück und konzentrieren sich auf andere, wichtigere Themen, bei der die Gattung nur ein Vehikel zum Transport und Mittel der literarischen Freiheit wird.

So wurde bei der eingangs genannten Serie ‚3 Body Problem‘ auf einige wissenschaftliche Themen Bezug genommen, im Besonderen auf das Dreikörperproblem, die Quantenverschränkung und dem Fermi-Paradoxon. Besonders letzteres gilt als hoch spekulativ und keineswegs Gegenstand einer robusten These. Gerade das Dreikörperproblem gibt begründete Zweifel auf, ob ein Planet in einem solchen System hinreichend Stabilität habe, um nicht in eine der drei Sonnen zu fallen, geschweige denn die Grundlage für eine Hunderte von Millionen währende Entwicklung von Lebensformen ermöglichte. Kurz: Ich halte diese Spekulationen nicht für annähernd wissenschaftlich fundiert. Der Wert liegt auch nicht in einer möglichen Projektion, sondern in den fiktiven Möglichkeiten, die sich aus den phantastischen Annahmen ergeben.

Trotz meiner Affinität für Science Fiction halte ich mit Jaques Monod es eher für gegeben, dass die Menschheit allein im Universum ist. Denn die Wahrscheinlichkeit der erforderlichen Zufälle gibt keinen Grund zu Annahme, dass das Universum belebt sei. Jedoch kommt hier das Argument der Schöpfung Gottes ins Spiel. Manche meinen, dass die Größe des Universum Verschwendung sei, wenn es nur auf der Erde Leben gäbe. Aber Gott hat keinen Mangel an Mitteln, und Verschwendung wäre eine sehr menschliche Denkweise. Andererseits wäre es Gott sehr wohl möglich, beliebig viele ähnliche oder völlig verschiedene Lebensformen zu erschaffen.

Daraus folgt: Weder aus dem möglichen Sachverhalt, dass die Erde als einziger Planet Leben trägt, noch aus der Möglichkeit, dass es viele intelligente Wesen im All gäbe, folgt irgend eine valide wissenschaftliche, philosophische oder theologische Ansicht. So lange wir keine robusten Indizien haben, können wir auch keine Wahrscheinlichkeitsannahmen treffen. Spekulationen gehen ins Leere.

Das hindert weder mich noch die vielen Autoren, fiktive Geschichten über Außerirdische zu ersinnen oder zu konsumieren. Es wäre nur fatal, wenn man dieses Szenario allzu ernst nähme. Schon früh wurde das Genre der Science Fiction aber zur Plattform herausragender Literatur. Auch wenn ich durchaus schlichte Literatur im Sinn einer Heldengeschichte oder einer Space Opera ohne tiefer gehende Ansprüche genießen kann, jenseits des Irrglaubens, dass es mit der Wirklichkeit etwas zu tun habe, so finden sich doch wahrhafte Meister des Wortes und der Gedanken in diesem Genre, auf die ich hier verweisen möchte:

Cordwainer Smith war Politikwissenschaftler und politischer Berater. In der Literatur leistete er unglaubliches. In seinem Nostrilla-Zyklus entwarf er ein unglaublich dichtes Universum, dass durchaus Ähnlichkeiten mit dem von Frank Herberts Dune Zyklus aufwies, das nahezu Zeitgleich 1964 veröffentlicht wurde. Ob sich beide Autoren kannten, oder sich gegenseitig befruchteten ist mir nicht bekannt. Nicht nur die gedankliche Dichte und Komplexität des erdachten Universums beeindrucken zutiefst, sondern auch die Dimension philosophischer und theologischer Kalküle. In der Kurzgeschichte (ca.70 Seiten) The Dead Lady of Clown Town (1964) Deutsch: Die tote Lady von Clowntown gibt die beeindruckendste Neuerzählungen des Kerngedankens der Evangelien wieder. Auf dem ersten Blick erinnert nichts an das Neue Testament, aber erst wenn man jenes extrahiert, und in einem völlig anderen Kontext neu erstellt, erschließt sich der überzeitliche Charakter der universellen Liebe. Ein dringende Leseempfehlung, wie auch für die anderen seiner Geschichte.

Frank Herberts Dune Zyklus hat tiefen Eindruck nicht nur bei mir hinterlassen. Kerngedanken sind die schicksalhafte Bestimmung des Menschen, die Konsequenzen aus seinen Handlungen, die Pläne hinter den Plänen und ökologische Psychologie: Was macht den Menschen aus.

C.S. Lewis war nicht nur Literaturprofessor, Autor zahlreicher christlicher Sachliteratur und Belletristik. Er bleibt wegen seines Narnia-Zyklus und Freundschaft zu J.R.R. Tolkien unvergessen. Weniger bekannt ist seine Science Fiction Trilogie: Jenseits des schweigenden Sterns / Perelandra / Die böse Macht. Auch wenn hier Science nicht allzu ernst genommen werden will, ein außergewöhnliches Beispiel christlicher Science Fiction.

Ray Bradbury hat einen unverzichtbaren Platz in der Hall of Fame der Science Fiction. Wir lasen The Illustrated Man. (1951) in der Schule. Ebenfalls gelesen: The Martian Chronicles. 1950. / Fahrenheit 451. 1953 / The Golden Apples of the Sun. 1953 Deutsch: Geh’ nicht zu Fuß durch stille Straßen. / A Medicine for Melancholy. 1958. Deutsch: Medizin für Melancholie. … Erfahrungen, die ich nicht missen will.

Philip K Dick ist ein weiterer genialer Autor, den man hier in der Kürze kaum würdigen kann. Mehrere seiner Werke wurden verfilmt.

Iain Banks ist einer der Autoren der nächsten Generation. Ich las bisher nur  Das Spiel Azad und Einsatz der Waffen. Aber das reicht, um Neugier auf mehr zu wecken.

Cloud Atlas ist eine Literaturverfilmung aus dem Jahr 2012 nach David Mitchells Roman Der Wolkenatlas. Ich kenne zwar nur die Verfilmung, aber die gedankliche Tiefe und die berückende Botschaft veranlassen mich zu bereuen, dass ich noch nicht die Quelle las. Steht auf meiner To-Do-Liste, wie auch die Trisolaris-Trilogie des chinesischen Schriftstellers Liu Cixin.

Vielleicht ist diese kleine Auswahl Anregung für den Genuß von Lesefrüchten. Viele andere großartige Autoren müssten auch erwähnt werden … vielleicht einmal im Nachtrag.

Wer sich diese Anregungen zu Herzen nimmt ist sicher lange beschäftigt …

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